Macht ein Allgäuer krumme Geschäfte mit Milchpulver im Iran?
Ein Allgäuer Manager soll im Iran Amtsträger bestochen haben. Der Angeklagte weist das von sich. Warum bei den Ermittlungen auch die Atomanreicherung eine Rolle spielte.
Als er Ende der 1990er Jahre erstmals in den Iran fliegt, will er wissen, ob es dort „schöne Kühe und gute Milch“ gibt. Was er sieht, stellt den Manager eines Babynahrungsherstellers aus dem Allgäu wohl zufrieden. Denn in der Folge hilft er dabei, Millionen-Deals einzufädeln. Drei Milchpulverfabriken sollen im Iran gebaut und erweitert werden – mit der Technik und unter Lizenz europäischer Firmen. Doch die Geschäfte haben dem 60-jährigen Manager Ärger mit der Justiz eingebracht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Amtsträger im Iran bestochen zu haben.
Der Mann hat Geld an einen iranischen Professor gezahlt
Der Mann, ein Ingenieur für Milchwirtschaft, saß wegen der Vorwürfe monatelang in Untersuchungshaft, ehe er Ende 2014 wieder freikam. Nun wird ihm vor dem Augsburger Landgericht der Prozess gemacht. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er Bestechungsgelder in mindestens sechsstelliger Höhe über Konten in der Schweiz in den Iran weitergeleitet hat. Der 60-Jährige bestreitet das. Er sagt, es habe sich um Zahlungen gehandelt, denen eine konkrete Gegenleistung gegenüberstand.
Der wichtigste Zeuge, der Licht ins Dunkel bringen könnte, kann allerdings nicht mehr befragt werden: ein iranischer Professor, der im Jahr 2012 gestorben ist. Es ist der Mann, der Dreh- und Angelpunkt der Geschäfte war. Der Wissenschaftler lebte zeitweise auch am Starnberger See. Er war es, der in den 90er Jahren den Allgäuer Manager kontaktierte und ihm Geschäfte im Iran anbot. Der Professor war Chef einer Beraterfirma, die von einem halbstaatlichen iranischen Molkereikonzern den Auftrag bekommen hatte, sich um den Bau der Milchpulveranlagen zu kümmern. Es folgten viele Gespräche, ehe die ersten Verträge unterzeichnet wurden.
Technik zur Milchpulverherstellung auch für Atomanreicherung verwendbar?
Einer dieser Verträge ist für die Staatsanwaltschaft ein wesentliches Beweismittel. Darin ist festgehalten, dass ein europäischer Anlagenhersteller eine „Beratungskommission“ zahlen muss – in Höhe von 12,5 Prozent des Auftragsvolumens. Die Ermittler sehen darin Schmiergeld, das nötig war, um im Iran den Zuschlag für das Projekt zu bekommen und später auch die Genehmigungen. Verdächtig ist aus Sicht der Ermittler auch, dass Geldempfänger in den Verträgen teils nicht konkret benannt sind. Mehrfach taucht ein „Mr. XX“ auf. Der Manager sagt, er sei davon ausgegangen, dass es um Geld für Leistungen gehe, die von Partnern des Professors im Iran erbracht werden – etwa für Behördengänge oder für Strom- und Wasseranschlüsse. Er habe nicht darüber nachgedacht, dass Amtsträger bestochen werden könnten. „Das wären Vermutungen gewesen“, sagt der Angeklagte, „und Vermutungen gibt es bei Ingenieuren nicht.“
Ein brisanter Verdacht, der in den Ermittlungen ein Thema war, spielt vor Gericht keine Rolle mehr. Die Ermittler fragten sich, ob Technik, die bei der Milchpulverherstellung eingesetzt wird, auch für die Atomanreicherung benutzt werden kann. In beiden Fällen sind Zentrifugen im Einsatz. Ein konkreter Anfangsverdacht habe sich aber nicht ergeben, heißt es bei der Staatsanwaltschaft. Auch der Verteidiger des 60-Jährigen, Ralf Schönauer, widerspricht solchen Spekulationen. „Das ist pure Science-Fiction“, sagt er.
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