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Region
12.04.2014

Nachwuchsprobleme: Die Fußballclubs in der Abseitsfalle

Ein Abend im April. In Lutzingen bei Höchstädt spielen die A-Jugendlichen Fußball. Unser Foto zeigt im Vordergrund den Torhüter der Heimmannschaft, Matthias Deppner.
Foto: Alexander Kaya

Ein Dorf wie viele andere. Die Leute sagen: Der Fußballklub ist unser Mittelpunkt. Aber immer weniger Kinder spielen im Verein. Wird der Mittelpunkt zur Randerscheinung?

Das erste Wort hat der Dorfpfarrer, und der muss es wissen. Beseelt von der Freude über diesen großen irdischen Moment schreibt Max Herold an die Nachwelt: Neben dem Feuerwehr- und Zimmerstutzenverein besteht seit acht Tagen hier ein Fußballklub, ca. 20 junge Burschen. Seit acht Tagen war schon zweimal Vorstandswahl nötig. Der erste Vorstand hätte den Ball besorgt um 152 Mark und sechs Pfund Butter. Derselbe Ball war aber auf Erkundigung um 132 Mark, ohne sechs Pfund Butter, zu haben. So flog der erste Vorstand. Hoffentlich wird der Klub weiterblühen, nachdem nun ein Ball vorhanden ist.

Es geht um nichts anderes als Spaß, um Gemeinschaft und am Ende: um das Dorf

30. Juni 1920. Ein schöner Tag. Das Dorf hat einen Fußball. Das letzte Wort hat der Jugendleiter. Der Weber Markus. Auf dem Land ist es üblich, seinen Nachnamen erst zu nennen. Also sagt der Weber Markus: „Irgendwie muss es ja weitergehen.“ Ein Donnerstagabend im April. Ein schöner Abend. Im Dorf spielt die Jugendmannschaft Fußball.

Lutzingen im Landkreis Dillingen. Knapp 1000 Einwohner, Kirche, Rathaus, Feuerwehrauto, Raiffeisenbank, Zigarettenautomat, ein Bäcker. Auf der nahen Staatsstraße rollen Traktoren vorbei und am Sportplatz bolzt der kleine Sohn von Irene Rieder den Ball gegen den Fangzaun. Pling, pling, wieder und wieder. Kinder können bei solchen Dingen eine erstaunliche Ausdauer entwickeln. Fast wie in Trance.

Mama lässt ihn. Der Bub soll sich austoben. Um nichts anderes geht es hier doch. Um Spaß. Um Gemeinschaft. Und am Ende: um das Dorf. Was eignet sich dazu besser als Fußball? Bei solch einer Begeisterung für Schweinsteiger, Özil und Reus, die nicht enden will in diesem Land mit seinen vielen gesunden Vereinen und gewaltigen Zuschauerzahlen. Und wenn sich dann noch eine wie Irene Rieder, 46, eine DVD und ein paar Bücher besorgt und die Jüngsten trainiert, einfach so, „weil man was für die Gemeinschaft tun muss“ – das macht doch das Leben auf dem Dorf aus, oder nicht?

Keine Männermannschaft, keine Ehrenamtlichen - Ohne Ehrenamtliche kein Sportverein

Da mag es nicht ins Bild passen, dass noch am Vormittag Friedrich Glück am Telefon laut ausgeatmet und dann gesagt hat: „Ich will nicht schwarzmalen. Aber ich hoffe nicht, dass das Ganze mal so endet wie mit dem Feldhandball.“ Feldhandball? Der Augsburger, der beim Bayerischen Fußball-Verband für Schwabens Nachwuchs zuständig ist, antwortet: „Feldhandball war auch mal sehr populär. Und heute?“ Spricht kein Mensch mehr davon.

So weit muss es nicht kommen. Wird es auch nicht. Aber Tatsache ist: Trotz aller Fußball-Euphorie, trotz der Treue der Bayern zu ihren Vereinen gehen immer mehr Jugendmannschaften verloren. In den letzten fünf Jahren waren es bei den Buben fast 19 Prozent.

Wohin führt das? Keine Jugend, keine Männermannschaft. Keine Männermannschaft, keine Ehrenamtlichen. Keine Ehrenamtlichen, kein Sportverein. Kein Sportverein, kein Dorfleben. Und irgendwann fehlt auch den Profis der Nachwuchs. Ist das der vorgezeichnete Weg? Und wenn ja, was dann?

In Lutzingen ist die SG, die Sportgemeinschaft, das Zentrum des Dorflebens. Es gibt Tennis, Schießen, Gymnastik und im Fußball sogar eine Mädchenmannschaft – es waren mal drei – sowie eine für Frauen. Die frühere Junioren-Nationalspielerin Anika Höß ist hier geboren. Ein erfolgreiches Vorbild im Klub findet immer Nacheiferer.

Nach der Saison fällt die Truppe auseinander

Bei den Buben haben sie noch zwei eigenständige Jugendklassen: F und E. Die Kleinsten. Dann kommt lange nichts. Und dann: die A-Jugend, die Ältesten. Weil Lutzingen selbst zu wenig 15- bis 18-Jährige hat, gibt es eine Spielgemeinschaft mit dem Ortsteil Unterliezheim. Unterste Klasse. An diesem Abend ist Heimspiel. Zu Gast: ein Verein mit dem klingenden Namen SC Untere Zusam. Schnell steht es 2:0.

Die Lutzinger hätten jetzt um den Aufstieg spielen können. Aber im Winter wussten sie nicht, ob sie überhaupt elf Spieler zusammenbringen würden. Weil die Schule Vorrang hatte oder die Ausbildung oder der elterliche Hof. Oder weil die Lust fehlte. Das ist jetzt nicht anders. „Fußball ist kein Selbstläufer mehr“, sagt Markus Weber.

Die meisten Jungs spielen schon vier Jahre zusammen. Nach der Saison fällt die Truppe auseinander. Fünf, sechs Leute wachsen heraus, wie man so schön sagt. Und dann?

Weber zieht fragend die Augenbrauen hoch. Das macht er oft an diesem Abend. Es ist auch nicht leicht, eine Lösung für etwas zu finden, wofür es vielleicht keine Lösung gibt. Weber, 50, Lederjacke, Jeans, ein bedächtiger Mann, der sagt, er sei „nicht der Typ“, herumzuziehen und lautstark für den Fußball zu werben. Er organisiert lieber im Hintergrund. Ein Jugendleiter im Vereinsfußball ist heute auch einer, der den Mangel verwaltet.

Wie schafft man es, Jugendliche ins Dorfleben zu integrieren?

Wie so oft ist er gerade erst aus Günzburg zurückgekehrt, wo er als Computerfachmann bei einer Krankenkasse arbeitet. Der Mann hat noch schnell einen Happen gegessen, bevor es auf den Sportplatz ging. Ehrenamtlich im Verein zu arbeiten, schluckt Zeit. Viel Zeit.

Weber steht nun also an der Seitenlinie und zählt auf, warum der Jugendfußball – und eines Tages womöglich das ganze Dorf – ein richtiges Problem hat. Wegen der geburtenschwachen Jahrgänge. Der Sache mit den fehlenden Ehrenamtlichen. Wegen der Schule und dem G 8, dem ganzen Nachmittagsunterricht – „die werden ja schon mit den Hausaufgaben kaum fertig“.

Weber sieht das am eigenen Sohn Johannes. Der ist in der elften Klasse und hat den Anpfiff verpasst, weil er über einem Referat brütet. Zur zweiten Halbzeit – es steht 5:0 – schafft er es gerade noch. Trainer Walter Ortler wechselt ihn gleich ein. „Der lässt seine Jungs nicht hängen“, sagt der stolze Papa.

Er selbst tickt nicht anders. Mit seinen 50 Jahren spielt er noch immer in der zweiten Herren-Mannschaft. „Es geht doch darum“, sagt er schließlich: „Wie schafft man es, Jugendliche ins Dorfleben zu integrieren?“ Und schickt die Antwort gleich hinterher: „Das war schon zu meiner Zeit der Sportverein.“

Das sieht auch Bürgermeister Eugen Götz so: „Mit den Jugendlichen und den Ehrenamtlichen bewegt sich so viel im Ort, das könnten Sie gar nicht bezahlen, müssten Sie es entlohnen.“ Die Musikkapelle gebe es ja auch noch, „sehr engagiert“, die Truppe. Mal tendierten die Jugendlichen mehr da hin, mal mehr zum Sportverein. „Da geht es viel um Gruppenverhalten.“

Es fehlt an Sportplätzen. Und die vorhandenen sind oft uralt

Und Friedrich Glück, der Verbandsfunktionär, sieht das auch nicht anders. „Aber was soll man machen, wenn sich die Rahmenbedingungen so sehr ändern?“, fragt er. Der Alltag von Kindern, „oft vollgepackt mit Terminen“. Das Freizeitangebot, „so umfangreich wie nie“. Wenn da ein Trainer mal etwas ruppiger wird, ist die Bereitschaft „heute viel größer, gleich was ganz anderes zu machen“. Wenn überhaupt ein Trainer da sei, „die machen das heute nicht mehr so einfach“. Das nächste Problem: Herren-Mannschaften, die selbst Personalsorgen haben und „sich die Spieler aus der A-Jugend rausziehen“. Oder was in vielen Städten ein Ärgernis ist: Es fehlt an Sportplätzen. Und die vorhandenen sind oft uralt.

Eine komplizierte Gemengelage. „Da muss an vielen Rädchen gedreht werden“, sagt Glück. Der bayerische Verband hat eigens eine Kampagne gestartet: „Pro Amateurfußball“. Beim Deutschen Fußball-Bund gibt es eine extra Broschüre. Der Titel „Variationen des Spielbetriebs“ lässt erahnen, dass in Fußball-Deutschland einiges ins Wanken geraten ist. Da wird auf die Möglichkeit flexibler Mannschaftsgrößen hingewiesen, bis hinunter zu Fünfer-Teams. Es ist von Schulmannschaften im normalen Spielbetrieb die Rede, von „Zweitspielrecht“ und „Gastspielerlaubnis“. Von Spielgemeinschaften mit Nachbarorten – ausdrücklich als „Notgemeinschaft“. Unten an der Basis wissen sie, dass die Ausnahme immer mehr zur Regel wird.

Und die Jugendfördergemeinschaften, eigentlich als Zusammenschluss der besten Spieler mehrerer Klubs gedacht, entwickeln sich immer mehr zum „Totengräber“ der Stammvereine, wie ein Insider dies nennt. Denn viele unter ihnen investierten nun gar nicht mehr in die Jugendarbeit – mit entsprechenden Folgen für die Herren, das Ehrenamt, den Verein – das Dorf.

Ohne die Eltern würde kein Bub auf dem Platz stehen

„Nun mal langsam“, entgegnet Thomas Kern. Der Fußballverein sei noch lange nicht am Ende, sagt der Geschäftsführer des Bayerischen Landes-Sportverbandes. „Nirgendwo ist die Vereinstreue größer als in Bayern“, so der Augsburger. Klar sinke die Zahl der Kinder. Und dass vielerorts nicht mehr alle Altersklassen vertreten sind, damit müsse man sich auch abfinden. Aber das treffe viele Sportarten. Und wenn sich Kinder lieber mit Funsportarten wie Slacklining vergnügen oder ins Fitnessstudio gehen, als sich in einem Verein zu binden, dann müssten die Klubs eben reagieren.

„Schauen Sie sich den TV Augsburg an“, sagt Kern. Ein Familienverein mit Tradition in Faustball und Turnen. Aber eben auch einer, der ein Fitnessstudio mit Kletterwand gebaut hat und heute Dinge wie „Rope Skipping“, eine moderne Form von Seilhüpfen, und „Cheerleading“ anbietet. Die Zahl der Mitglieder ist jedenfalls stark gestiegen.

In Lutzingen wissen sie, dass bei aller Kreativität nicht jeder solche Möglichkeiten hat. Als der Schiedsrichter um Viertel nach acht abpfeift, erkennt man kaum noch den Ball. Flutlicht gibt es nicht. Endstand: 7:1. Wo ist der Mannschaftskapitän? Bitte zum Interview. Die Kollegen frotzeln. Mayer, Stephan. Einer von denen, die bald zu alt sein werden für die A-Jugend. Er studiert dann in Hof. War’s das mit Fußball? „Natürlich nicht. Am Wochenende komm’ ich heim und spiel’ für die Herren“, sagt der 18-Jährige. „Und die anderen auch.“ Ein Lichtblick. Wie es mit der Jugend weitergeht? Die große Frage. Es gibt Gespräche mit der Marktgemeinde Bissingen über eine Spielgemeinschaft in möglichst vielen Altersklassen. Alleine geht es nicht mehr.

Das allerletzte Wort hat Nachwuchstrainerin Irene Rieder. „Und vergessen Sie nicht, die Eltern zu erwähnen“, sagt sie später noch. „Ohne die würde kein Bub auf dem Platz stehen.“ Sei es als Motivator oder, nicht weniger wichtig, als Chauffeur. Irgendjemand muss ja den Anfang machen.

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