Schusswechsel im Zug: Schutzweste rettet Polizisten das Leben
Bei dem Schusswechsel am Freitagnachmittag in einem Zug im Allgäu kam einer der beteiligten BUndsespolizisten offenbar nur dank seiner Schutzweste mit dem Leben davon.
Auch wenn nun immer mehr Details des Schusswechsels im Alex 84148 von München nach Kempten bekannt werden – der spektakuläre Vorfall am Freitagnachmittag im mit rund 300 Fahrgästen voll besetzten Regionalzug wirft weiter viele Fragen auf. Auslöser war die Routine-Kontrolle zweier Zuginsassen durch zwei Bundespolizisten.
Diese eskalierte, am Ende gab es einen Toten und drei Schwerverletzte. Der Kemptener Hauptbahnhof blieb bis Freitagabend komplett gesperrt, der Zugverkehr kam zum Erliegen. Am Bahnhof und auf freier Strecke waren rund 200 reguläre Beamte und Spezialkräfte im Einsatz.
Fest steht inzwischen: Einer der beiden verletzten Bundespolizisten kam offenbar nur dank seiner Schutzweste mit dem Leben davon. Der 44-Jährige erlitt einen Beindurchschuss, eine weitere Kugel traf den Oberkörper des Beamten. „Er wird noch einige Tage in der Klinik bleiben, sein Zustand ist aber nicht kritisch“, so ein Sprecher des Polizeipräsidiums München. Der Kollege des Beamten, der mit einer Schusswaffe mehrere Schläge auf den Kopf bekommen hatte, konnte das Krankenhaus nach kurzer Zeit wieder verlassen.
Bei Tempo 100 aus dem Zug gesprungen
Der Jüngere der beiden mutmaßlichen Täter war – wie berichtet – nach dem Vorfall tot an den Gleisen zwischen Günzach (Ostallgäu) und Wildpoldsried gefunden worden. Er war nach dem Schusswechsel bei Tempo 80 bis 100 aus dem Zug gesprungen. Wie es gelang, die automatische Türsperre zu überwinden, gehört zu den vielen Fragen in diesem Fall.
Der 20-jährige Russe wurde nach seinem Sprung von den Waggons erfasst und sofort getötet. Die Obduktion des zur Fahndung ausgeschriebenen Mannes hat am Wochenende ergeben, dass er aus dem Kreis Fürstenfeldbruck stammt. Er sollte wegen räuberischen Diebstahls eine Haftstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verbüßen.
Mutmaßlicher Täter aus Augsburg liegt im Koma
Auch der zweite mutmaßliche Täter, ein 44-jähriger Deutscher mit kasachischen Wurzeln, verließ den Zug bei voller Fahrt, noch ehe es zum durch die Türöffnung automatisch eingeleiteten Nothalt nahe Günzach kam. Der Mann, der in Augsburg gemeldet ist, erlitt laut Polizei „multiple Verletzungen“. Er wurde operiert und liegt in einer Münchner Klinik im Koma. „Wer genau geschossen hat und warum die beiden Männer so brutal reagiert haben, ist nach wie vor ungeklärt“, so der Polizeisprecher weiter.
Die beiden Männer hatten die Bundesbeamten offenbar ohne Vorwarnung mit einer Waffe bedroht. Dabei handelt es sich laut neuesten Erkenntnissen um eine Schreckschusspistole. Diese sei aber nicht auf Anhieb als solche erkennbar gewesen, so die Polizei. „Möglich ist außerdem, dass die Waffe schussfähig gemacht wurde.“ Ein zufällig mitreisender Beamter des Landeskriminalamtes, der den Bundespolizisten zu Hilfe kam und auf die Täter feuerte, blieb unverletzt, musste aber von Kollegen der Verhandlungsgruppe betreut werden. Er hatte zahlreiche Fahrgäste in den hinteren Zugteil und damit aus der Gefahrenzone gelotst.
Alle Waffen sichergestellt
Bei dem folgenden Nothalt nahe Günzach hatten etwa 20 der rund 300 Fahrgäste den Zug durch eine einzelne offene Tür verlassen. „Die sind wie die Hasen raus und in den nahen Wald gerannt“, berichtet eine 50-jährige Augenzeugin. Die Münchnerin selbst blieb bis Kempten im Zug, da sich die anderen Waggontüren nicht hätten öffnen lassen. Per Durchsage habe das Zugteam gemeldet, die Passagiere sollten im hinteren Zugbereich bleiben, sie seien dort sicher.
Bei einer erneuten Kontrolle der Gleise bei Günzach wurden laut Polizei am Samstag weitere Spuren gesichert. Alle drei verwendeten Waffen seien mittlerweile sichergestellt – darunter auch die Dienstpistole, die die beiden Täter einem der Bundespolizisten entrissen hatten.
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