Stacheldraht lag im Klosterarchiv
Fast 25 Jahre bewahrten die Zisterzienserinnen von Oberschönenfeld ein Stück des Grenzzauns zwischen Österreich und Ungarn auf. Warum es jetzt in Diedorf liegt.
Für Kirchen und Klöster sind 25 Jahre manchmal ja nur ein Wimpernschlag in der Kulturhistorie. Nun verließ jedoch ein Gegenstand das Kloster, der trotz seines „jungen“ Alters bereits historischen Wert hat: ein Stück Stacheldrahtzaun der ehemaligen österreichisch-ungarischen Grenze, das nun der Heimatgeschichtliche Verein Diedorf verwahrt.
Ein Stück Stacheldrahtzaun der ehemaligen Grenze wurde aufbewahrt
Nach der dramatischen Grenzöffnung bekam das Zisterzienserinnenkloster Marienkron im Burgenland auch ein kleines Stück des Stacheldrahtzauns geschenkt. Über den Kontakt zu den Ordensschwestern in Schwaben kam der Draht schließlich Anfang der 1990er Jahre in den Besitz des Klosters Oberschönenfeld und damit in die Hände von Schwester Regina Klaus, die das Archiv des Klosters betreut.
„Lange Zeit wussten wir nicht, was wir damit machen sollten. Aber wir haben die Drahtstücke sorgfältig aufbewahrt. Sie sind schließlich ein Stück Zeitgeschichte und dokumentieren den Todesstreifen und die Absperrungen – und am Ende den Weg in die Freiheit“, ist sich Schwester Regina sicher.
Sie erinnert sich noch aus einem anderen, persönlichen Grund lebhaft an die Grenzöffnung: Denn sie selbst, die 1946 mit ihrer Familie aus Ungarn ausgewiesen wurde, war später einige Male in Ungarn im Kloster Stuhlweißenburg (Székesfehérvár) in Budapest zu Besuch. Und sie hat die bedrückende und angsteinflößende Atmosphäre des Todesstreifens und der Grenzabsperrungen zwischen den beiden Ländern hautnah erlebt.
Der Heimatgeschichtliche Verein freut sich über den Stacheldraht
Durch Zufall lernte die Archivarin, die seit 1952 in Oberschönenfeld lebt, dann auf einer Tagung für Archivare den Schriftführer des Heimatgeschichtlichen Vereins Diedorf, Herbert May, kennen – und der war ganz begeistert von der Idee, die Drahtstücke für seinen Verein zu sichern. Denn die Heimatforscher haben schon einige andere Exponate, die an die ehemalige DDR, die Mauer und den Eisernen Vorhang erinnern.
Unübersehbar stehen die sieben Betonsegmente der Berliner Mauer seitlich auf der Wiese neben der Schmuttertalhalle in Diedorf. Ein inzwischen restaurierter Grenzstein steht vor dem Feuerwehrhaus, ein rot-weißer Feuerwehr-Trabbi im Gerätehaus – beides sind Geschenke der befreundeten Feuerwehr in Thüringen.
Und verschiedene Mauerbrocken liegen in einer Vitrine im Bürgerhaus – und jetzt noch die Stacheldrahtstücke aus Ungarn. Der Vereinsvorsitzende Werner Lorenz hat schon Pläne: „Das reicht jetzt für ein kleines Mauermuseum aus“, meint er.
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