Von Koks-Affäre bis Zugschießerei: Jede Menge Baustellen für die Kripo
Die Allgäuer Krippo arbeitet derzeit an mehreren ungeklärten Fälle. Immer wieder wird auf die laufenden Ermittlungen verwiesen. Doch das Ansehen der Polizei ist geschädigt.
Mit vier „Großbaustellen“ hat es die Polizei im Allgäu derzeit zu tun: mit der Kokain-Affäre in den eigenen Reihen, dem ungelösten „Parterre-Mord“ in Kempten und mit der Schießerei im Zug von München ins Allgäu. Vierter und am weitesten zurückliegender Fall ist der tödliche Ölfleck-Anschlag im Unterallgäu, bei dem ein damals 37 Jahre alter Motorradfahrer zum Opfer fiel. Vor allem bei der Kokain-Affäre und beim „Parterre-Mord“ hüllen sich offizielle Stellen in Schweigen und werden nicht müde, immer wieder auf noch laufende Ermittlungen zu verweisen.
Der Ölfleck-Anschlag
Bis heute fehlt von dem Öl-Attentäter auf Motorradfahrer jede Spur. Vor mehr als drei Jahren, am 17. April 2011, verunglückte bei Markt Rettenbach (Unterallgäu) ein Familienvater, 37, mit seinem Motorrad tödlich. Ursache war eine Ölspur. Ein Unbekannter hatte mit Öl gefüllte Flaschen auf mehrere Straßen geworfen und so tödliche Fallen gestellt. Die groß angelegte Fahndung samt freiwilligem Massen-Gentest verlief ebenso erfolglos wie ein Abgleich mit ähnlichen Anschlägen im süddeutschen Raum.
Kurz vor Ostern sah es dann nach einer neuen Spur aus: In der Eifel im Großraum Aachen waren mehrmals Ölspuren gelegt worden, ein 47 Jahre alter Motorradfahrer wurde bei einem Sturz verletzt. Inzwischen nahm die Polizei einen 26 Jahre alten Tatverdächtigen fest. Er soll die Ölspuren absichtlich gelegt haben. „Offenbar besteht aber kein Zusammenhang mit dem Fall im Unterallgäu“, sagt Polizeisprecher Christian Eckel. Der bei Aachen festgenommene junge Mann soll einen verwirrten Eindruck gemacht haben. Er wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht.
Der Witwen-Mord
Wer hat kurz vor Weihnachten die 63 Jahre alte Witwe in ihrer Parterrewohnung im Kemptener Westen umgebracht? Auch über vier Monate nach dem Gewaltverbrechen ist der Täter noch auf freiem Fuß. 50 Zeugen hatte die Kripo vernommen und nach Weihnachten auch einen Tatverdächtigen präsentiert. Doch der Haftrichter ließ den Mann Ende Januar wieder laufen – ohne Auflagen. Von insgesamt 100 Spuren sind mittlerweile die meisten ausgewertet. „Die Ermittlungen dauern an“, heißt es gebetsmühlenartig von der Kemptener Kripo.
Die Kokain-Affäre
Woher stammen die 1,6 Kilogramm Kokain, die Mitte Februar beim Chef der Allgäuer Rauschgiftfahndung gefunden wurden? Auf diese Frage gibt es bis heute keine Antwort. Der 52-jährige Polizeibeamte sitzt irgendwo an einem nicht bekannten Ort in Untersuchungshaft. Weil er seine Frau bei einem nächtlichen Streit im gemeinsamen Haus in einer Oberallgäuer Gemeinde schwer verletzt hat, muss er sich wohl auch wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Gegenüber den Ermittlern hat der Mann geltend gemacht, dass er in der Vergangenheit selbst Rauschgift konsumiert habe.
Er habe das Rauschgift „zu Schulungszwecken“ besessen, sagte der Polizeibeamte den Ermittlern. Diese Erklärung sei aber „nicht plausibel“, ließ Staatsanwalts-Sprecher Peter Preuß von der Staatsanwaltschaft München I gestern wissen. Diese Behörde bearbeitet den pikanten Fall in Abstimmung mit dem Landeskriminalamt. Weitergehende Auskünfte gab Preuß nicht: „Die Ermittlungen dauern an.“ Wann sie abgeschlossen sind? Der Staatsanwalts-Sprecher: „Ich kann nicht in die Zukunft blicken, aber jedes Verfahren wird irgendwann einmal abgeschlossen.“ Nur eines ist schon jetzt klar: Der Fall hat dem Ansehen der Polizei im Allgäu geschadet.
Die Zug-Schießerei
Auch über vier Wochen nach der spektakulären Schießerei im Zug von München ins Allgäu ist der schwerst verletzte Täter noch nicht ansprechbar. Es gehe ihm sehr schlecht, sagt Polizeisprecher Eckel über den 44 Jahre alten Augsburger mit kasachischen Wurzeln. Beim Sprung aus dem fahrenden Zug hatte er schwerste Kopf- und Rumpfverletzungen erlitten. Bei der waghalsigen Flucht war sein Komplize, ein zur Fahndung ausgeschriebener Russe, tödlich verletzt worden. Die beiden Männer hatten bei Personenkontrollen durch Bundespolizisten in dem Alex-Zug täuschend echt aussehende Schreckschusspistolen gezückt.
Wenig später schlugen sie einem Polizisten mit einer Waffe auf den Kopf und entrissen ihm die Dienstpistole. Daraufhin feuerte der 44-Jährige auf den anderen Bundespolizisten nach Ansicht der Ermittler in voller Tötungsabsicht. Um die Geschehnisse komplett nachvollziehen zu können, wären die Aussagen des 44-jährigen Täters für die Ermittler wichtig. Doch derzeit ist nicht klar, ob er je wird aussagen können.
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