Wörishofer Bahnkunden werden auch künftig vor Ort beraten
Kneippstadt ist vom Abbau der Serviceleistungen nicht betroffen. Michael Scharpf von „Pro Bahn“ nennt das Vorhaben des Unternehmen eine „fatale Entwicklung“
Bad Wörishofen Die Deutsche Bahn hat mit ihrer Ankündigung, einen beachtlichen Teil ihres Beratungs-services zu kürzen und damit Stellen einzusparen, auch die Bahnkunden in Bad Wörishofen verschreckt. Viele Kurgäste reisen immer noch gerne mit der Bahn an, auch viele Wörishofer pendeln lieber mit dem Zug als mit dem Auto zur Arbeit. Auch an „normalen“ Vormittagen herrscht so am Schalter im TUI-Reisecenter im Bahnhofsgebäude reger Betrieb. Eben hat sich eine Frau, die ihren Namen nicht genannt haben möchte, hier von Eike Reifgerste beraten lassen. „In Bad Wörishofen sollte dieser Service auf keinen Fall wegfallen. Ich weiß, dass viele Gäste mit der Bahn anreisen. Gerade das Bad Wörishofen-Ticket wird gut angenommen und kann ja nicht am Automat gekauft werden“, sagt die Bahnfahrerin. „Auch für Ausflüge von hier nütze ich gerne den Service und sehe, dass hier immer viel Betrieb ist. Das Bedienen der Automaten fällt vielen Menschen einfach schwerer. Gerade hier in Bad Wörishofen finde ich den Service schon noch wirklich gut“, sagt sie.
Dass dies nicht nur für ältere Leute gilt, beweist ein jüngeres Brüderpaar, das ebenfalls gerade aus der Beratungsstelle kommt. Ralf und Mark Vaque aus Hamburg und Südafrika haben dort das Bayernticket gekauft. „Wir haben es zuvor am Automat versucht, aber das hat nicht geklappt. Das Geld kam immer wieder zurück. So waren wir froh, dass wir hier beraten wurden. In München ist dies ja an Sonntagen gar nicht mehr möglich, wie wir kürzlich erlebt haben.“ Dass das Ticket jetzt am Schalter 2 Euro mehr gekostet hat, macht den beiden nichts aus, wie sie sagen.
Am Schalter beraten wurden sie von Eike Reifgerste, die diese Aufgabe in Bad Wörishofen übernommen hat und dies spürbar gerne und freundlich tut. „Viele Leute kommen einfach lieber an den Schalter und lassen sich beraten, zumal vor Ort eben doch viele ältere Leute sind“, so ihre Einschätzung.
„Wenn die Bahn ihren Service hier zurückfahren möchte, fände ich das überhaupt nicht gut. Schon jetzt sind die Warteschlangen in den Reisezentren der großen Städte, wo es sie noch gibt, oft sehr lange“, berichtet Reifgerste. „Bei uns kommt das hin und wieder zwar auch vor, aber insgesamt habe ich das Gefühl, dass die Leute froh sind, dass sie mich haben und viele kennen mich auch schon persönlich.“ Besonders viel Betrieb herrscht meistens am Montag oder Dienstag und am Monatsanfang, wenn die Schüler ihre Fahrkarten kaufen müssen.
Dass der Service in der Kneippstadt eingeschränkt werden könnte, die Gefahr besteht derzeit allerdings überhaupt nicht. Wie Sylvia Nicka, die Leiterin des Reisecenters erläutert, handelt es sich hier nämlich um eine besondere Regelung: „Die Beratungsstelle hat mit der Bahn eigentlich nichts mehr zu tun“, sagt Nicka. „Die wird von uns als Reisebüro betrieben und auch so finanziert. Der Schalter ist 48 ½ Stunden in der Woche geöffnet, was es sonst wohl nirgends gibt.“ Darin inbegriffen sei der gesamte Bahnservice bis hin zur Gepäckbeförderung und Platzreservierung. „Und nachdem hier etwas verkauft werden will, besteht eine andere, persönlichere Atmosphäre und eine enge Beziehung zu den Kunden. Wir freuen uns über jeden, der hereinkommt.“ Seit 2004 wird diese Bahnagentur als private Verkaufsstelle betrieben und wie Sylvia Nicka erklärt, besteht besteht keinerlei Absicht, dies die nächste Zeit zu ändern. „ So gesehen betrifft uns das Vorhaben der Bahn nicht direkt“.
Alles andere als angetan von der Nachricht der Bahn war Michael Scharpf als Vertreter der Vereinigung „Pro Bahn“ hier vor Ort. „Ich halte das für eine fatale Entwicklung, wenn die Deutsche Bahn ihren persönlichen Service immer mehr zurücknimmt, zumal sie mit ihrem oftmaligen Tarifdschungel die Beratungsnotwendigkeit selbst verursacht“, sagt Scharpf.
„Außerdem gibt es nun mal noch viele Leute, die das Internet nicht nützen können und mit Automaten ihre Probleme haben.“ Dass es auch anders geht erklärt Scharpf am Erfolgsmodell der Usedomer Bäderbahn, einem Tochterunternehmen der DB. „Hier wird noch richtig auf persönliche Beratung gesetzt und ist Personal vor Ort. Dafür gibt es weniger Vandalismus und kaum Schwarzfahrer, was ja auch wieder Kosten spart. Und die Leute nehmen das gerne an.“
Michael Scharpf findet es aus der Sicht von „Pro Bahn“ einfach falsch, wenn man am Kunden nicht mehr nah genug dran ist und auch kein Feedback mehr erhält. Dabei legt er Wert auf die Feststellung, dass „Pro Bahn“ kein Fanclub der Deutschen Bahn AG ist, sondern das Reisen auf der Schiene sich zum Ziel gesetzt hat.
„Dennoch arbeiten wir derzeit recht gut mit der Bahn zusammen, sind bei der DB Regio in Augsburg und Kempten gut vertreten, auch wenn es um die Fahrplangestaltung geht“, so Michael Scharpf. „Ein Meckerverein, wie es Ex-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn einst formulierte, sind wir jedenfalls nicht“.
Wie es nun bei der Bahn weiter geht, ob sie auf die Kritik beim Einschränken der Servicedienste reagiert, wird sich wohl bald zeigen. Vor Ort wird jedenfalls nach wie vor besonderer Wert auf die persönliche Betreuung und Beratung der Kunden gelegt, was voraussichtlich auch so bleiben wird.
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