Beyoncés Kampf der Kulturen
Wie Amerikas derzeit größter Popstar, Beyoncé Knowles, mit einer politischen Botschaft für Furore sorgt ...
Ein schwarzer Junge tanzt auf der Straße. Ihm gegenüber, in Reihe: weiße, bewaffnete Polizisten. Der Junge hält inne, Stille. Dann heben die Beamten beide Hände über den Kopf, die Geste der schwarzen Demonstranten gegen rassistische Polizeigewalt wie in Ferguson. An die Wand gesprüht deren Parole: „Stop Shooting Us“. Beyoncé selbst, Amerikas größter Popstar, liegt mitten im Hochwasser, New Orleans, auf einem Polizeiauto – und geht damit in den Fluten unter. Ihre Tochter zeigt selbstbewusst den prächtigen Afro, vom Zeitungscover blickt Martin Luther King mit der Schlagzeile „Mehr als nur ein Träumer“ …
Beyoncé stellte neuen Song beim Super Bowl vor
Es sind starke Bilder, es ist eine kräftige Botschaft, es ist eine mächtige Inszenierung. Nach einem Jahr Pause hat es Beyoncé, 34, geschafft, mit nur einem Lied, einem Video, einem Auftritt die Popwelt aufzumischen. Denn „Formation“, das sie am Montag bei Amerikas größtem Medienereignis, dem Super Bowl, vorstellte, mit Tänzerinnen, die die Faust in schwarzen Lederhandschuhen zum Gruß von „Black Power“ erhoben – mit dazugehörigem Film wird daraus eine wuchtige politische Botschaft. Anknüpfend an die neue schwarze Bürgerrechtsbewegung „Black Lives Matter“, dem allgegenwätigen Rassismus in den USA gerade in Zeiten des Präsidentschaftswahlkampfs im Video doppelt den Mittelfinger zeigend.
Nun ist das für US-Stars, die sich traditionell und auch aktuell öffentlich zu Kandidaten bekennen, nichts Ungewöhnliches. Und all die Musikmagazine sowie Barack Obama persönlich feierten als Album des vergangenen Jahres Kendrick Lamars sehr politisches „To Pimp A Butterfly“. Aber bei Beyoncé, Gattin des so reichen wie mächtigen Szenekrösus Jay-Z, hatte das höchstens mal zum feministisch dancenden, Kabinettstückchen „Run The World (Girls)“ geführt. Wenn das unter ihrem Namen firmierende, viele Milliarden Dollar schwere Popunternehmen nun also so explizit politisch wird, dass plötzlich manche über das bislang so lupenreine Mainstreamprojekt motzen – haben dann Kritiker wie New Yorks Ex-Bürgermeister Giuliani nicht recht, wenn sie sagen, das sei doch billigste Vermarktungsmasche?
Natürlich. Aber gerade das macht es ja umso interessanter. Beyoncé Knowles persönlich mag mit Martin Luther King träumen. Als Starfigur aber steht sie mehr als sonst wer in den USA derzeit für das, was es heißt, auf der Höhe der Zeit zu sein. Umwerfend in der ästhetischen Perfektion etwa ihrer Videos – und sehr bewusst im Umgang mit Inhalten. Damit lautet die Botschaft von „Formation“: Den USA droht ganz offen ein Kampf der Kulturen.
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