"Dr. Klein" kommt im ZDF groß raus
ChrisTine Urspruch spielt die Hauptrolle in der neuen ZDF-Serie "Dr. Klein". Die kleinwüchsige Darstellerin - bekannt aus dem Tatort - weiß, warum Klischees manchmal hilfreich sind.
Der Chefarzt ist schwul, der Assistenzarzt dunkelhäutig, die Oberschwester übergewichtig – und dann wirbelt auch noch eine kleinwüchsige Oberärztin den Alltag an der Stuttgarter Rosensteinklinik durcheinander: Das ZDF hat allerlei klischeebehaftete Figuren in seine neue Familienserie „Dr. Klein“ gepackt (ab 10. Oktober freitags um 19.25 Uhr). Die Hauptrolle spielt die 1,32 Meter große ChrisTine Urspruch, vielen Fernsehzuschauern bekannt als „Alberich“ aus dem Münsteraner „Tatort“-Team.
Frau Urspruch, Ihre neue Serie heißt „Dr. Klein“. Hätte der Titel nicht etwas origineller sein dürfen?
ChrisTine Urspruch: Ich find das gut. Es ist einfach konsequent und folgerichtig. Ich sehe das unter einem professionellen Aspekt: Der Name ist ein Hinhörer. Natürlich fragt man sich: ,Ach, musste das jetzt auch noch sein?‘ Aber wenn man sich diese Frage schon stellt, ist das vielleicht auch ein Türöffner, um sich die Serie mal anzuschauen. Was ich mir wünsche, ist, dass es sich letztendlich in Wohlgefallen auflöst und man den Namen als ganz alltäglich wahrnimmt. Meine Eltern zum Beispiel haben tatsächlich einen Hausarzt, der Dr. Klein heißt.
In Interviews sagen Sie oft, Sie würden gern eine Figur spielen, die nicht direkt mit Ihrer Person und Ihrer Größe verknüpft ist. „Dr. Klein“ ist das Gegenteil von so einer Rolle...
Urspruch: Das schmälert nicht meine Begeisterung über meine erste große Serien-Hauptrolle. Man könnte das als Reduktion sehen, aber das ist es für mich nicht, weil ich die Geschichten kenne, die wir erzählen wollen. Dr. Klein ist eine Frau, die Ecken und Kanten hat, die auch Fehler macht – eine Frau mit vielen Seiten.
Haben Sie Situationen aus Ihrem eigenen Erfahrungsschatz zum Drehbuch beigesteuert?
Urspruch: Ja. Vor einem Jahr, ganz zu Beginn der Produktion, habe ich mich mit den Autoren der Serie getroffen. Da wurde ich sozusagen durchleuchtet (lacht). Ich konnte ganz offiziell persönliche Erfahrungen und Ideen einbringen.
Verraten Sie uns ein Beispiel für Ihre Erfahrungen?
Urspruch: Als Teenager etwa war ich in der Tanzschule. Ich wurde auch zum Tanzen aufgefordert – unter anderem von einem Jungen, der fast zwei Meter groß war. Diese Geschichte habe ich den Autoren erzählt. In einer Folge von „Dr. Klein“ stoße ich jetzt auf meinen ehemaligen Tanzschulpartner – anders als in der Realität ist er aber ebenfalls kleinwüchsig. Meine Erfahrungen wurden also nicht eins zu eins übernommen. Das finde ich für mich persönlich interessant, weil ich dadurch die Dinge noch einmal anders erleben kann (lacht).
„Dr. Klein“ ist in ihrem Beruf sehr erfolgreich – trotz eines vermeintlichen Handicaps. Hat die Serie eine Mission?
Urspruch: Da bin ich vorsichtig, weil ich mit Vorgaben hadere. Aber natürlich werfen wir Fragen auf, wie: Hat jemand nicht ganz andere Probleme, als man es im Klischee vermutet? Das finde ich spannend. Und im Optimalfall fühlen die Leute sich angesprochen und ermutigt, Vorurteile zu durchbrechen – und zu eigenen Fehlern zu stehen.
Ihre neue Serie spielt in einer Stuttgarter Kinderklinik. Haben Sie als Kind viel Zeit in Krankenhäusern verbracht?
Urspruch: Unter dem Strich war das gar nicht so viel, aber es fühlte sich subjektiv wahnsinnig lange an. Insgesamt war es vielleicht ein halbes Jahr.
Wann war Ihnen klar, dass Sie kleinwüchsig sind?
Urspruch: Ich wurde operiert als Kind, weil meine O-Beine nicht gerade wurden. In der Uniklinik Münster wurde schließlich festgestellt, dass ich kleinwüchsig bin. Als ich zehn oder elf war, habe ich dann mal nachgefragt. Zu diesem Zeitpunkt habe ich das dann auch begriffen.
Wie sind Sie mit der Diagnose umgegangen?
Urspruch: Als Jugendliche habe ich mich schon gefragt: ,Kann ich ein normales Leben führen, mit Mann und Kindern?‘ Andererseits dachte ich: ,Hauptsache, ich bin gesund –und Freunde, die mir helfen, habe ich auch.‘
Gibt es charakterliche Parallelen zwischen Ihnen und Ihrer Rolle in „Dr. Klein“?
Urspruch: Die gibt’s natürlich. Dr. Klein ist eine Frau, die sich durchbeißen muss, die nicht den leichten Weg gewählt hat, sondern den eher unbequemen – auch als Aufgabe, um daran zu wachsen.
Nichts prägt die Wahrnehmung eines Schauspielers wohl so wie eine Rolle im „Tatort“. „Dr. Klein“ wartet mit zwei „Tatort“-Gesichtern auf. Muss man gegen dieses Image anspielen?
Urspruch: Ach, wir beide machen ja auch so vieles andere. Miroslav Nemec hat jahrelang Theater gespielt, er hat auch noch seine Musik (Nemec ist Frontmann der Miro Nemec Band, Anm. d. Redaktion). Für ihn ist die Rolle des Chefarztes ein weiterer Baustein in seiner Karriere. Und so ist es für mich auch. Aber privat reden wir natürlich schon über unsere Dreharbeiten beim „Tatort“, da ist man schon interessiert.
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