Aus für den Pflege-TÜV? Experten prüfen Noten-System für Pflegeheime
Der Pflege-TÜV spaltet die Politik: Die einen wollen ihn verbessern, andere nennen ihn ein "Desaster" und fordern seine Abschaffung. Droht dem Noten-System für Pflegeheime das Aus?
Rund sechs Jahre nach dessen Einführung steht der Pflege-TÜV nun auf dem Prüfstand. Während einige Politiker keine Chance für das Noten-System sehen, wollen es andere reformieren.
CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn forderte in der Süddeutschen Zeitung vom Mittwoch dessen Abschaffung. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will an der Beurteilung von Pflegeeinrichtungen mit Noten festhalten, das System aber verbessern. "Ein ersatzloses Streichen der Pflege-Noten ist nicht zielführend", erklärte eine Sprecherin des Ministers.
Spahn: Pflege-TÜV ist "einfach nur ein Desaster"
So wie das System heute laufe, "ist es einfach nur ein Desaster", sagte Spahn der Süddeutschen Zeitung. Es habe bei "maximalem Aufwand und Ärger bisher nichts, aber auch gar nichts gebracht". Wenn etwas nach all den Jahren nicht klappe, "dann sollten wir es einfach mal streichen", forderte der CDU-Politiker. Er kritisierte zudem, dass fast jede Einrichtung die Note eins habe. "Es glaubt doch kein Mensch, dass die Heime alle gleich gut sind", sagte Spahn.
Gesundheitsminister Gröhe räumte ebenfalls Reformbedarf ein. "Pflegebedürftige und ihre Angehörigen brauchen eine Verbesserung der Transparenz und nicht weniger", erklärte seine Sprecherin. Damit die Qualität und das Angebot von Pflegeeinrichtungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen transparent und nachvollziehbar seien, brauche es aussagekräftigere Qualitätskriterien.
Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), zeigte sich überzeugt, dass die Pflegenoten nicht so bleiben könnten, wie sie seien. "Sie führen die Bürger in die Irre", erklärte Laumann. Er werde in Kürze einen Vorschlag für ein anderes Verfahren vorlegen.
SPD-Gesundheitsexperte fordert "gerechte Noten" für Pflegeheime
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte ebenfalls eine Überarbeitung des Pflege-TÜVs, lehnte aber einen Verzicht auf Noten ab. Die Konsequenz aus einer Inflation guter Noten dürfe nicht sein, keine Noten zu vergeben, sagte Lauterbach der Saarbrücker Zeitung. Vielmehr würden "gerechte Noten" gebraucht.
Der Pflege-TÜV für Pflegeheime und ambulante Pflegedienste war im Sommer 2009 eingeführt worden. Jede Einrichtung wird regelmäßig mit Schulnoten bewertet. Die Ergebnisse werden im Internet veröffentlicht und sollen Pflegebedürftigen und deren Angehörigen Vergleiche zur Qualität der Pflegeheime ermöglichen. Grundlage zur Ermittlung der Pflegenoten sind eine Vielzahl von Einzelkriterien, die mit Punkten auf einer Skala von Null bis Zehn bewertet werden.
Pflegekassen sprechen sich gegen Abschaffung des Pflege-TÜVs aus
Der Spitzenverband der Pflegekassen wandte sich gegen die Abschaffung des Pflege-TÜVs, forderte aber eine Verschärfung des Systems. "Die schwache Aussagekraft der Pflegenoten ist keine neue Erkenntnis", sagte die Sprecherin des GKV-Spitzenverbandes, Ann Marini, der Nachrichtenagentur AFP. Aber nicht die Noten an sich seien das Problem, sondern die gesetzliche Vorgabe, dass die Pflegeanbieter über Bewertungssystematik und Veröffentlichung der Prüfergebnisse mit entscheiden dürften. "Das ist so, als wenn Schüler in der Schule über ihre Benotung mit entscheiden dürfen."
Mehrere Wohlfahrtsverbände forderten ein Ende des Noten-Systems. "Das bestehende System ist zu bürokratisch und verfehlt das Ziel, die Qualität von Pflegeeinrichtungen darzustellen", erklärte Caritas-Präsident Peter Neher. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, kritisierte, das Benotungssystem bringe "verzerrte Ergebnisse" hervor. Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte eine Abschaffung der Pflege-Noten. afp
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