Die Affäre Wulff: Neue Vorwürfe, immer mehr Fragen
Die Affäre Wulff weitet sich aus: Der Bundespräsident ist am Wochenende durch neue Berichte über Zahlungen zu seinen Gunsten belastet worden. Die Rücktrittsforderungen häufen sich.
Die Affäre Wulff weitet sich aus: Der Bundespräsident ist am Wochenende durch neue Berichte über Zahlungen zu seinen Gunsten belastet worden. Nach Angaben der "Bild am Sonntag" und des Magazins "Spiegel" bezahlte der Berliner Filmunternehmer David Groenewold Wulff ein Zimmer-Upgrade bei dessen Besuch des Münchner Oktoberfests 2008. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drängte Wulff erneut zu vollständiger Aufklärung.
Wulff und die Nächte im Hotel
"Mein Mandant hat dafür, dass Herr Wulff eine bessere Zimmerkategorie erhält, 200 Euro pro Übernachtung bezahlt. Es waren insgesamt zwei Nächte, also 400 Euro", zitierte die "BamS" Groenewolds Anwalt Christian-Oliver Moser. Er wies weiter darauf hin, der damalige niedersächsische Ministerpräsident habe von der Zahlung für die Luxus-Suite im Fünf-Sterne-Hotel "Bayerischer Hof" nichts gewusst.
Dafür hieß es im "Spiegel", Wulff habe auch einen Teil seiner eigenen Hotelrechnung später mit Staatskanzlei und CDU abgerechnet, weil er auch dienstliche Termine in München gehabt habe. Wulff war damals auf Einladung Groenewolds nach München gereist und hatte mit seiner Frau an einem Fest des Unternehmers teilgenommen.
Merkel: Fragen müssen beantwortet werden
Merkel sagte am Sonntag im Deutschlandfunk zu Wulff: "Was die Fragen, die an ihn gestellt sind, anbelangt, müssen sie beantwortet werden." Die Kanzlerin bekräftigte, sie schätze die Arbeit Wulffs, doch "beides gehört zusammen - die Wertschätzung für seine Arbeit und die Beantwortung der Fragen".
Wulffs Krisenmanagement sei "schlichtweg eine Katastrophe", sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete Veronika Bellmann der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Der FDP-Abgeordnete Martin Neumann äußerte in der Zeitung Zweifel, "dass Wulff seine Glaubwürdigkeit noch zurückgewinnen kann".
Wullf seit Wochen in der Kritik
Wulff steht seit Wochen unter anderem wegen eines privaten Hauskredits und seines Umgangs mit Medien in der Kritik. Den Kredit wandelte Wulff später in einen Bankkredit zu günstigen Konditionen um, den er Ende 2011 durch ein höher verzinstes Darlehen ersetzte. Die "FAS" berichtete, offenbar hätten erst journalistische Recherchen Wulff zu diesem jüngsten Schritt veranlasst.
Distanziert zu Wulff äußerte sich dessen Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten, David McAllister (CDU). "Sollte es falsche Auskünfte der Landesregierung gegenüber dem Parlament gegeben haben, werden wir sie richtigstellen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Zu Wulffs Urlauben in Unterkünften wohlhabender Freunde fügte McAllister hinzu: "Mich lädt niemand nach Ibiza ein. Und ich mache sowieso lieber Urlaub an der Nordsee im Strandkorb in Cuxhaven."
Forderungen nach Rücktritt auch aus der Wirtschaft
Rücktrittsforderungen an Wulff kommen inzwischen auch aus der Wirtschaft. "Herr Wulff ist kein Vorbild mehr, hat die Bodenhaftung offenbar völlig verloren", sagte der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), Jürgen Abraham, der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe). Andere Wirtschaftsvertreter stellten sich dagegen hinter Wulff.
Mit den Vorgängen befasst sich in den nächsten Tagen der niedersächsische Landtag. SPD-Landesfraktionschef Stefan Schostok sagte dem Magazin "Focus", Wulff habe Politik und Privatleben in einer Weise vermischt, "dass man nicht mehr von einer Grauzone reden kann". Der Speyrer Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim kommt laut "Spiegel" in einem neuen Gutachten zu dem Schluss, dass Wulff als Ministerpräsident wegen Vorteilsnahme im Amt gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen hat. (afp, AZ)
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