FDP will mit Kurskorrekturen aus Stimmungstief
Berlin (dpa) - Die FDP will mit Kurskorrekturen aus ihrem Umfragetief herauskommen.
Kurz vor Beginn einer zweitägigen Klausurtagung von Partei- und Fraktionsführung gab es erneut Forderungen aus der FDP-Basis an Parteichef und Außenminister Guido Westerwelle, die Parteiführung verstärkt in andere Hände zu legen, ohne sie aber formal abzugeben.
FDP-Vize Andreas Pinkwart warnte seinerseits die Partei davor, die Kernkompetenz in der Steuer, Finanz- und Wirtschaftspolitik aufzugeben. Dem Vernehmen nach wird in der Parteiführung auch über eine "sozialverträgliche Verbesserung der Einnahmen" diskutiert, um in einem zweiten Schritt Steuerentlastungen für die Mittelschicht doch noch in dieser Legislaturperiode zu erreichen. Die Vorstände von Partei und Bundestagsfraktion tagen an diesem Sonntag.
Auch eine Anhebung der sogenannten Reichensteuer - derzeit 45 Prozent ab 250 000 Euro Jahreseinkommen - wird nicht ausgeschlossen. Die Forderung nach einem höheren Spitzensteuersatz - derzeit 42 Prozent - gilt in der FDP dagegen als sehr unwahrscheinlich, weil damit auch Facharbeiter und Inhaber von Kleinunternehmen getroffen würden.
"Zur Verbreiterung der Programmatik gehört auch, dass die Schwerpunkte der Partei gepflegt werden", sagte Pinkwart der Nachrichtenagentur dpa zur Diskussion in der FDP. Vorrang habe jetzt die Konsolidierung der staatliche Finanzen. Danach könne es auch Steuerentlastungen geben. Als Beispiel für eine Verbesserung der Einnahmen nannte er den Abbau von Ausnahmeregeln bei der Mehrwertsteuer. Die Einnahmen daraus könnten dann zusätzlich in die Bildung fließen.
Der Berliner FDP-Landesvorsitzende Christoph Meyer forderte Westerwelle auf, das Schwergewicht auf sein Amt als Außenminister zu legen und Parteiinterna mehr an andere zu delegieren. "Ein Außenminister, der zugleich Parteivorsitzender und Vizekanzler ist, kann diese drei Rollen nicht alle gleich stark spielen", sagte Meyer der dpa. "Die Konzentration von Westerwelle auf die Außenpolitik ist ein richtiger Schritt. Die parteiinternen Arbeiten müssen dann mehr auf andere Schultern delegiert werden."
Die FDP drängt unterdessen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die in der Koalition vereinbarte Reform der Mehrwertsteuer einzuleiten. Die Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger sagte dem "Hamburger Abendblatt" (Samstag): "Der Mehrwertsteuerdschungel in Deutschland muss endlich gelichtet werden. Das System ist undurchschaubar und führt zu absurden Ergebnissen." Schäuble hatte sich zuletzt skeptisch geäußert zu den Chancen einer großen und schnellen Mehrwertsteuer-Reform.
Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider forderte die FDP in der Berliner Tageszeitung "B.Z." (Sonntag) auf, "ihre programmatische Verengung auf Klientelpolitik mit nur dem einen Ziel Steuersenkung" zu beenden. Wenn die FDP sich wieder auf Liberalität, Bürgerrechte und Bildungspolitik besinne und sich "aus der Nibelungentreue zur CDU" befreie, dann werde sie für die SPD wieder ein interessanter Gesprächspartner.
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