Loretta Lynch: Die Frau, vor der Sepp Blatter zittert
Porträt Loretta Lynch kämpft seit Jahren gegen die Korruption im Fußball. Jetzt ist sie US-Justizministerin und will die Sache zu Ende bringen. Viel Zeit bleibt ihr dafür nicht
Mit mafiösen Machenschaften kennt sich Loretta Lynch aus. Die frühere New Yorker Staatsanwältin hat Terroristen, korrupte Beamten und Mafiosi hinter Gitter gebracht. Doch das alles war höchstens ein Aufwärmprogramm im Vergleich zu dem, was die 55-Jährige am Mittwoch losgetreten hat. Der Schlag gegen die Fifa-Fußballmafia hat sie von einem Tag auf den anderen weltbekannt gemacht.
Loretta Lynch seit einem Monat US-Justizministerin
Gerade einen Monat ist es her, dass Lynch Justizministerin der USA wurde. Ihre Amtszeit endet mit der Präsidentschaftswahl 2016. So bleibt der Harvard-Absolventin also nicht viel Zeit, um die „Akte Fifa“ abschließen. Ohne Zweifel ist das der Fall ihres Lebens. Er fällt ihr nicht mit dem neuen Amt in die Hände. Eher bringt sie ihn ins Ministerium mit. Schon in ihrer New Yorker Zeit nimmt die Tochter eines Pfarrers und einer Lehrerin das System ins Visier. Und nun will sie die Sache zu Ende bringen. Lynch ist felsenfest davon überzeugt, dass Millionensummen geflossen sind, um bestimmten Ländern große Fußball-Turniere zuzuschanzen. „Sie haben es immer und immer wieder gemacht, Jahr um Jahr, Turnier um Turnier“, sagt sie bei der Pressekonferenz, die den Weltverband Fifa und seinen Chef Sepp Blatter zittern lässt.
Aus diesen Worten spricht Entschlossenheit, aber auch Wut. Als Kind verbringt Loretta Lynch eine Menge Zeit in Gerichtssälen. Gemeinsam mit ihrem Vater verfolgt sie Prozesse. Heute sorgt sie selbst für Gerechtigkeit – mit allen Waffen, die der Rechtsstaat ihr gibt.
Amerikaner in der Rolle des Weltschiedsrichters
Obwohl Fußball den meisten Menschen in den USA ziemlich egal ist, übernehmen die Amerikaner jetzt die Rolle des Weltschiedsrichters. „Fußball muss sauber sein“, sagt Lynch und nutzt die weitreichenden Befugnisse der US-Justiz: Wenn auch nur ein einziger Bestechungs-Dollar auf einem amerikanischen Konto gelandet ist, dürfen die Behörden gegen das ganze System ermitteln. Und genau das tut Lynch. Die Verhaftungen vom Mittwoch sind für sie nur der Anfang.
Doch der ersten Afroamerikanerin an der Spitze des US-Justizministeriums geht es nicht um reißerische Schlagzeilen oder darum, im Mittelpunkt zu stehen. Sie gilt als fleißige, akribische Arbeiterin im Hintergrund. Auch über ihr Privatleben weiß man nicht viel mehr, als dass sie verheiratet ist und ihr Mann zwei Kinder mit in die Ehe gebracht hat.
Beruflich steht sie allerdings nicht zum ersten Mal im Rampenlicht. Ende der neunziger Jahre löst ihr Urteil gegen New Yorker Polizisten, die einen Einwanderer aus Haiti brutal misshandelt hatten, heftige Diskussionen über Polizeigewalt in den USA aus. Jahre später legt sie ihr Amt nieder und wird Partnerin in einer Anwaltskanzlei. Doch Barack Obama holt die Juristin 2010 zurück in den Staatsdienst und macht sie schließlich sogar zur Ministerin. Eine verhängnisvolle Entscheidung – zumindest für die Herren von der Fifa. Michael Stifter
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