Mali: Reise ins Ungewisse für die Bundeswehr
Frankreich ist mit seinen Militärschlägen gegen die Islamisten in Mali vorgeprescht und wird von vielen Menschen dort gefeiert. Was nun auf die Bundeswehr zukommt, ist offen.
Die Bundesregierung hat sich die Lösung der Mali-Krise anders vorgestellt. Eigentlich sollte die westafrikanische Wirtschaftsunion Ecowas den Norden des Landes aus der Hand der islamistischen Rebellen befreien. Für Deutschland und die EU war lediglich eine „Ausbildungshilfe“ vorgesehen, damit Mali eine echte eigene Armee bekommt. Der Vormarsch der Islamisten hat die Europäer nun unter Zugzwang gesetzt. Frankreich ist mit Truppen vor Ort, Deutschland will nach erstem Zögern logistische Hilfe leisten.
Worum geht es in dem Konflikt?
Mali galt lange als einer der wenigen demokratischen Musterstaaten Afrikas. Von 1992 bis 2012 gab es ein Mehrparteiensystem mit friedlichen Machtwechseln nach Wahlen. Andererseits kämpften die meisten Menschen ums tägliche Überleben. Das Volk der Tuareg im Norden lehnt sich gegen die Zentralregierung auf und verlangt einen eigenen Staat. Nach einem Militärputsch gegen die Regierung von Präsident Amadou Toumani Touré im März 2012 eroberten die Tuarag gemeinsam mit Islamistengruppen wie der Ansar Dine und der Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika den Norden Malis. Im April riefen sie dort die unabhängige Islamische Republik Azawad aus.
Welche Rolle spielen die Islamisten jetzt?
In Timbuktu, wo Moscheen, Mausoleen und Friedhöfe zum Weltkulturerbe gehören, ließen die Islamisten mehrere historische Heiligtümer zerstören. Nach ihrem Sieg überwarfen sich Tuareg und Islamistengruppen. Es gab blutige Gefechte. Die Regierung Malis hofft daher auf eine Einigung mit einem Teil der Rebellen und verhandelte mit den Tuareg und Ansar Dine – bisher erfolglos – über eine politische Lösung. Seit der Machtübernahme der Extremisten im Norden flohen Hunderttausende aus dem Gebiet und leben als Binnenvertriebene oder als Flüchtlinge in Nachbarstaaten wie Mauretanien, Niger und Burkina Faso.
Warum sind die Franzosen nun vorgeprescht?
Mali war von 1893 bis 1960 französische Kolonie. Frankreich hat bis heute enge Verbindungen zu dem westafrikanischen Wüstenstaat und massive wirtschaftliche Interessen in der Region – vor allem, was Rohstoffe (zum Beispiel Uran) angeht. Außerdem hatten die französischen Streitkräfte ohnehin schon 6000 Soldaten in der Region stationiert – darunter viele Fremdenlegionäre. So konnte Paris schnell eingreifen.
Wie werden die Franzosen in Mali aufgenommen?
Mali befindet sich geradezu im Frankreich-Taumel, seit dem Land endlich jemand in dem seit Monaten dauernden Kampf gegen radikale Islamisten und Terroristen beispringt. Den Frankreich-Hype brachte der Nachrichtendienst Maliweb zum Ausdruck: Er zeigte eine Fotomontage von Präsident François Hollande im Tarnanzug, der die malische Flagge schwenkt. „François Mali“ stand darüber – die westafrikanische Nation hat einen neuen Helden.
Wird nun auch die Bundeswehr in einen Kampfeinsatz hineingezogen?
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) schließen das aus. Nach den Erfahrungen in Afghanistan ist die Bereitschaft zur Entsendung von Bundeswehr-Kampftruppen äußerst gering. Unumstritten ist die Haltung nicht.
Wie könnte Deutschland helfen?
Am wahrscheinlichsten scheint die Entsendung von Transall-Transportmaschinen zur Verlegung afrikanischer Truppen. Malis Nachbarn fehlen dazu die Kapazitäten. Zudem ist Berlin weiterhin bereit, sich mit einigen Soldaten an einer EU-Mission zur Ausbildung malischer Streitkräfte zu beteiligen.
Müsste der Bundestag zustimmen?
Das hängt ganz von der Art des Einsatzes ab. Laut Parlamentsbeteiligungsgesetz muss der Bundestag über jeden bewaffneten Einsatz der Bundeswehr im Ausland entscheiden. Es gibt aber Streit darüber, wo die Grenzen sind. Die Bundesregierung könnte auch unabhängig von der Rechtslage den Bundestag befragen, um den Soldaten mehr Rückendeckung zu geben. dpa, AZ
Die Diskussion ist geschlossen.