Mit diesen Fragen muss Angela Merkel heute rechnen
Sie war im Urlaub und sie hatte geschwiegen. Nach den blutigen Gewalttaten stellt sich heute Kanzlerin Merkel den Fragen der Journalisten. Mit was sie rechnen muss.
Nach den Gewalttaten in Deutschland und dem Putschversuch in der Türkei stellt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) heute den Fragen der Berliner Hauptstadtjournalisten. Für die Pressekonferenz zu "aktuellen Themen der Innen- und Außenpolitik" (13.00 Uhr) unterbricht die Kanzlerin ihren Urlaub. Im vergangenen Jahr hatte Merkel ihre traditionelle Sommerpressekonferenz Ende August abgehalten, damals prägte sie mit dem Satz "Wir schaffen das" ihre Haltung in der Flüchtlingskrise. Die Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik wuchs zuletzt wieder an, nachdem Asylbewerber in Würzburg und Ansbach zwei Anschläge verübt hatten.
Dazu wird sich Merkel vermutlich äußern:
Am 31. August 2015 sagte Merkel zur Bewältigung der Flüchtlingskrise: "Wir schaffen das" - Wie sieht ihre Bilanz aus?
Die Kanzlerin könnte ihre Antwort in zwei Teile gliedern: Die Aufnahme von Flüchtlingen läuft inzwischen in geordneten Bahnen, die Menschen werden bei Ankunft registriert und sie werden versorgt. Es wurde mehr Personal eingestellt, Asylanträge werden schneller bearbeitet, abgelehnte Bewerber konsequenter abgeschoben. Das ist geschafft. Aber kulturelle und soziale Integration braucht Jahre und Fluchtursachenbekämpfung Jahrzehnte. Das ist noch nicht geschafft.
Muss Merkel ihre Flüchtlingspolitik nach den Anschlägen ändern?
Sie wird wohl keine Kehrtwende verkünden, weil das als Scheitern gewertet werden würde. Ginge sie etwa auf Seehofers Dauerforderung nach einer Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen im Jahr ein, würde sie schwer an Glaubwürdigkeit einbüßen. Denn sie hat von Anfang an erklärt, dass das Grundgesetz keine Obergrenze kennt und sie sich aus rechtlichen und humanitären Gründen daran hält. Außerdem haben SPD und Union nach den chaotischen Wochen im vorigen Jahr die größte Verschärfung des deutschen Asylrechts seit 20 Jahren beschlossen. Weitere Schritte wie die Ausweitung der Videoüberwachung und schnellere Abschiebungen straffälliger Flüchtlinge sind aber denkbar.
Wird sich Merkel von dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wegen dessen "Säuberungen" nach dem Putschversuch abwenden?
In den vergangenen Tagen hat sie diese Linie gezogen: Sollte in der Türkei die Todesstrafe wieder eingeführt werden, muss die Europäische Union die Verhandlungen mit Ankara über einen Beitritt des Landes abbrechen. Der Flüchtlingspakt der EU mit der Türkei könne aber bestehen bleiben. Es deute nichts darauf hin, dass sich die Türkei nicht an die getroffenen Vereinbarungen für die Flüchtlinge halte. An dieser Haltung dürfte sich nicht viel geändert haben.
Was ist mit Brexit?
Merkel traf in der vorigen Woche erstmals die neue britische Premierministerin Theresa May. Die Kanzlerin betonte, London sei am Zug zu sagen, wie Großbritannien das Votum seiner Bürger für einen Austritt aus der Europäischen Union umsetzen möchte. Großbritannien will voraussichtlich Anfang 2017 mit den Verhandlungen beginnen. Merkel wird im Gegensatz zu anderen EU-Regierungschefs May auch jetzt nicht unter Zeitdruck setzen.
Tritt Merkel 2017 noch einmal an?
Bisher hat sie noch nicht gesagt, ob sie eine vierte Kanzlerschaft anstrebt. Sollte sie auf eine Kandidatur verzichten wollen, kann sie das in der Pressekonferenz am Donnerstag nur schwer verkünden. Fortan würde sie als Kanzlerin betrachtet, die bald die Geschicke des Landes bald nicht mehr bestimmt, und damit an Macht und Einfluss verliert. Einen Verzicht müsste sie wohl so spät wie möglich bekannt geben - ein Weitermachen dagegen nicht. dpa/AZ
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