Opposition kritisiert deutschen Marineeinsatz vor Syrien
Linke und Grüne fordern Aufklärung über den Einsatz eines deutschen Marineschiffes vor Syrien. Die Stationierung von BND-Agenten in der Türkei ruft ebenfalls Kritik hervor.
Der womöglich auch Spionagezwecken dienende Einsatz eines deutschen Marineschiffes vor der syrischen Küste stößt bei Grünen und Linkspartei auf scharfe Kritik. Politiker beider Parteien forderten am Montag (20. August) gründliche Aufklärung von der Bundesregierung. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums betonte, dass die Marine "keine Spionageboote betreibt".
Flottendienstboot Oker ist mit Spionagetechnik ausgestattet
Am Wochenende war bekannt geworden, dass das deutsche Flottendienstboot "Oker" im östlichen Mittelmeer vor der syrischen Küste kreuzt. Medienberichten zufolge ist das Schiff mit Technik des Bundesnachrichtendienstes (BND) ausgestattet, mit der sich Truppenbewegungen bis zu 600 Kilometer tief in Syrien beobachten ließen. Erkenntnisse über die Militäreinsätze würden an US- und britische Partnerdienste weitergegeben und gelangten auch an die syrischen Rebellen, hieß es.
Das Verteidigungsministerium wies am Montag erneut den Vorwurf der Spionage zurück. Die Flottendienstboote seien für Aufklärung und Frühwarnung konzipiert, sagte der Sprecher von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Zu den Details des Einsatzes der "Oker" im östlichen Mittelmeer machte Paris keine Angaben. Mit den Ergebnissen der Aufklärung gehe die Marine "natürlich verantwortlich" um, sagte er lediglich.
Opposition zweifelt an Legalität des Einsatzes
Politiker von Linkspartei und Grünen äußerten sich empört über den Einsatz. "Ich nehme zur Kenntnis, dass die deutsche Marine offenbar gemeinsam mit dem Geheimdienst in einen bewaffneten Konflikt auf fremdem Territorium eingreift - und das ohne Zustimmung des Bundestags", sagte Linksparteichef Bernd Riexinger der "Passauer Neuen Presse" vom Montag. Er äußerte Zweifel, dass der Einsatz einer gerichtlichen Prüfung standhalten würde, und forderte den sofortigen Abzug aller Deutschen aus der Konfliktzone.
Linken-Obmann Wolfgang Gehrke wittert Vertrauensbruch
Der Linken-Obmann im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, Wolfgang Gehrcke, kritisierte den Einsatz als "Vertrauensbruch gegenüber dem Bundestag". Es gebe kein Bundeswehr-Mandat, was diesen Vorgang auch nur annähernd abdecke. Das UNIFIL-Mandat etwa, in dessen Rahmen deutsche Marineschiffe im Mittelmeer im Einsatz sind, sei zur Befriedung des Bürgerkrieges im Libanon geschaffen worden. Gehrcke forderte die Bundesregierung auf, Öffentlichkeit und Parlament umfassend zu informieren - und nicht nur das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr), das im Bundestag für die Geheimdienste zuständig ist.
Gerüchte um deutsche Schützenhilfe für syrische Rebellen
Die Unterstützung syrischer Rebellen durch den Bundesnachrichtendienst und die deutsche Marine wäre "eine völlig neue Dimension", sagte der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele im Inforadio des RBB. Die Bundesregierung müsse erklären, ob dies "eine Änderung der Regierungspolitik sei und wieso das Parlament und die Ausschüsse nicht darüber unterrichtet wurden", sagte der Grünen-Politiker.
Deutsches Marineschiff schon länger im östlichen Mittelmeer
Der SPD-Abgeordnete Fritz Rudolf Körper sieht indes den Einsatz des Bundeswehr-Flottenbootes durch das UNIFIL-Mandat gedeckt. Dessen Nutzung sei "kein heikles Verhalten, sondern wir werden da dem Auftrag gerecht, Informationen zu sammeln, zu bewerten und sie mit befreundeten Diensten (...) auszutauschen", sagte Körper im Deutschlandfunk. Das Boot sei "nicht erst seit einigen Tagen, sondern schon seit einiger Zeit" im östlichen Mittelmeer unterwegs, der BND sei darauf "auch mit Technik vertreten". Nach seiner Kenntnis sei eine "einseitige Informationsabgabe" an syrische Rebellen nicht erfolgt.
Außerdem sind laut Medienberichten BND-Agenten im Nato-Stützpunkt Incirlik bei Adana stationiert. Von der Türkei aus hören sie Telefonate und Funkverkehr aus Syrien ab. (afp)
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