Vor Ostern gibt es kein Geld für Griechenland
In der Schuldenkrise hat die Regierung in Athen offenbar viel Zeit. Eine Bitte an Moskau verärgert die EU-Politiker.
Das Ringen um Griechenland zieht sich hin. Zum Erstaunen einiger EU-Diplomaten war auch gestern nicht erkennbar, dass Athen bei der Erstellung der Reformliste allzu große Eile an den Tag legte.
Der außenpolitische Experte der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Elmar Brok (CDU), sagte: „Es ist Griechenlands letzte Chance, etwas zu liefern.“ Grünen-Finanzexperte Sven Giegold kritisierte: „Griechenland leidet unter schlechtem Regieren genauso wie unter einer ritualisierten Verunsicherungskampagne: Hochkochen von Gerüchten, unverantwortliches Grexit-Gerede, versöhnliche Verhandlungen.“ Der Chefsprecher der Europäischen Kommission, Margaritis Schinas, sagte: „Die Tatsache, dass die Experten das ganze Wochenende und auch heute arbeiten, ist ein positives Zeichen.“
Das rund 100 Seiten umfassende Dokument aus dem Hause von Finanzminister Gianis Varoufakis war am Wochenende zunächst nur digital auf Tablets und nur in Griechisch vorgelegt worden, was die Unterhändler der Institutionen (EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds) verärgert hatte. Gestern betonten Delegierte aus Athen wiederum, die Liste sei kein Tabu – man könne durchaus einzelne Maßnahmen streichen. Schwerpunkt solle allerdings der Kampf gegen Steuerhinterziehung bleiben.
EU-Kreise gingen angesichts dieser Unverbindlichkeit davon aus, dass es nicht noch vor Ostern zu einem Krisentreffen der Euro-Finanzminister kommen werde. Diese müssten das Papier auf der Grundlage der Experten-Empfehlung billigen. Erst dann könnte Griechenland Zugriff auf die rund 7,2 Milliarden Euro bekommen, die dem Land aus verschiedenen Quellen zustehen.
Für Überraschung sorgte diese Entwicklung vor allem deswegen, weil es noch vor zwei Wochen geheißen hatte, die Griechen seien spätestens Anfang April pleite. Ein alarmierender Anruf von Regierungschef Alexis Tsipras bei Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker könne also „unmöglich so ernst gemeint gewesen sein wie er klang“, sagte ein hoher EU-Diplomat.
Tsipras: "Suchen einen ehrlichen Kompromiss mit unseren Partnern"
Tsipras betonte am Abend in Athen: „Wir suchen einen ehrlichen Kompromiss mit unseren Partnern.“ Zugleich bekräftigte er, die Sparprogramme würden wie im Wahlkampf versprochen beendet. Dies sei notwendig, damit die Wirtschaft wieder wachsen könne.
In Brüssel wurden auch die Spekulationen um eine Bitte Athens an Russland eher als Warnschuss eingeordnet. Tsipras will bei einem Moskau-Besuch am 8. April um Hilfsgelder bitten. „Russland kann ja nicht einmal der eigenen Bevölkerung eine Perspektive bieten“, betonte Brok. Manfred Weber, Chef der christdemokratischen Mehrheitsfraktion im Europäischen Parlament, sagte, Tsipras kokettiere mit Russland. Dieses Verhalten erschwere „eine konstruktive Lösung mit Europa in den Finanzfragen“.
Wie es in den nächsten Tagen konkret weitergeht, ist offen.
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