Michel Platini: Der Diplomat
Die EM in Polen und der Ukraine läuft, doch Uefa-Boss Michel Platini äußert sich nicht zum Fall Timoschenko. Das Turnier ist für ihn Herausforderung genug.
Aus seinen Händen erhält der Europameister den Pokal. Michel Platini wird am Abend des 1. Juli sein Lächeln lächeln. Selbstsicher. Über jeden Zweifel erhaben. Ein Lächeln, das jedem Funktionär eines Fußballverbandes mit der Wahl ins Gesicht geschnitzt wird. Erst recht dem Präsidenten der mächtigen europäischen Dachorganisation Uefa. Ein Stück weit wird sich der Franzose dabei selbst auf die Schulter klopfen, weil er die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine – seine erste große Herausforderung – dann gemeistert haben wird. Auf seine Art. Ohne anzuecken. Ohne Meinungsäußerung. Ohne die gesellschaftliche Bedeutung des Fußballs zu betonen.
Platini wird kein Wort zur politischen Unruhe verloren, wird in keiner Silbe die inhaftierte Julia Timoschenko erwähnt haben. Stattdessen wird der 56-Jährige hervorheben, welch „Meilenstein“ das Großereignis für den osteuropäischen Fußballmarkt bedeutet – als Einstimmung auf die Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Jeder mache seinen Job, äußerte Platini im Vorfeld der EM. Die Politiker machten ihren. Der Franzose umschiffte den Fall Timoschenko, bewältigte stattdessen hausgemachte Schwierigkeiten.
Als die Gastgeberländer bei den Vorbereitungen schluderten, verwarnte er sie mit der Gelben Karte, drohte mit Entzug des Turniers und nannte die Vergabe an Polen und die Ukraine gar einen „Fehler“. Längst vergessen. Platini ist schweigsamer Diplomat. Eine erfolgreiche EM haftet zu sehr an seinem Namen. Das Turnier vor vier Jahren in Österreich und der Schweiz hatte der Uefa-Boss noch von seinem Vorgänger Johansson geerbt, jetzt muss sich Platini beweisen.
Als er 2007 in einer Kampfabstimmung überraschend den Schweden besiegte, wirkte vor allem seine Spielerkarriere nach. Platini, der „Maestro des französischen Fußballs“, gilt noch heute als eines der größten Sportidole des Landes. Anfang der 1980er Jahre wurde er dreimal in Folge zu „Europas Fußballer des Jahres“ gewählt, mit Juventus Turin gewann er so ziemlich jeden Vereinstitel und bei der EM 1984 erzielte er die Rekordmarke von neun Treffern.
Platini liebt den Fußball. So wie er ist. Der Franzose wehrt sich gegen technischen Schnickschnack, will Torrichter statt Torkamera. Der Monsieur ist uneitel, kollegial und hat schnell gelernt, dass er Verbündete braucht. Die sieht er in kleinen Nationen. Die nächste EM – rein zufällig in Frankreich – bestreiten erstmals 24 statt 16 Länder. Ein Erfolg Platinis. Skandale hält er wirksam klein. Selbst wenn bei der Vergabe der jetzigen EM Millionenzahlungen an Uefa-Funktionäre geflossen sein sollen.
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