Die Panther taumeln
Trotz Teamsitzung und gutem Start verliert der ERC Ingolstadt in Schwenningen mit 4:5 und bleibt im Jahr 2017 sieglos. Ein Verteidiger findet klare Worte.
Angeknockte Boxer, heißt es, sind am gefährlichsten. Angeknockte Eishockeyspieler hingegen haben ein eher geringes Bedrohungspotenzial, sind sie nach einem Faustkampf doch nur stille Betrachter, eingepfercht auf der Strafbank. Und auch sonst scheint der Sinnspruch vom taumelnden Kämpfer, der in einem Anflug von Verzweiflung seine letzte Kraft bündelt und entscheidend zurückschlägt, nur partiell aufs Eis übertragbar.
Der ERC Ingolstadt jedenfalls taumelte gewaltig in jüngster Zeit. Vier Partien im Jahr 2017, kein einziger Punkt, dafür kräftiges Rumoren im Hintergrund. Fans äußern bereits ihren Unmut. Nach der Freitagsniederlage gegen Wolfsburg versammelte sich das Team bewusst ohne Coach Tommy Samuelsson zum Krisengespräch. „Wir haben festgestellt, dass es so nicht weitergehen kann“, sagte Stürmer David Elsner. Kollege Thomas Greilinger ergänzte: „Jeder muss sich jetzt an der eigenen Nase packen.“
Am Sonntagnachmittag beantwortete sich die Frage nach den Comeback-Qualitäten der Panther. Am Ende lässt sich konstatieren: 35 gute Minuten, später Wirkungstreffer, K.o. in der letzten Runde. Gegen die Schwenninger Wild Wings verlor der geschundene ERCI mit 4:5 nach Verlängerung.
Es hatte alles schon unvorteilhaft begonnen: In Überzahl hatte Jerome Samson das Heimteam per Drehschuss in Führung geschossen (4.). Panther-Verteidiger Brian Salcido aber markierte kurz darauf den Ausgleich, auch im Powerplay, auch mittels Rotation, auch nach zuvor abgeblocktem Schuss (6.).
Die Gäste waren jetzt in der Partie, brachten viele Scheiben zum Tor, zeigten sich physisch präsent. Fast wirkte es, als hätte man Magnetplatten unter dem Eis im Schwenninger Drittel montiert, so dominant agierten die Panther phasenweise. Und sie belohnten sich dafür: Nach schöner Auflage von Thomas Oppenheimer traf Elsner in den Winkel (18.), ehe Martin Buchwieser richtig stand und einen Pfostenknaller von Patrick Köppchen zum 3:1 abstaubte (21.).
„Nach dem 3:1 hätten wir zumachen müssen“, sagte Verteidiger Benedikt Kohl später. Es kam anders und verantwortlich dafür war vor allem einer: Marc El–Sayed. Der Schwenninger, sonst kein begnadeter Goalgetter, drehte die Partie im Alleingang. Nachdem die Panther eine zweiminütige doppelte Unterzahl ungenutzt gelassen hatten, bezwang El-Sayed Ingolstadts Keeper Timo Pielmeier dreimal hintereinander per Schuss ins Kreuzeck (35./39./47.). Beim zweiten Mal leistete Köppchen unfreiwillige Mithilfe, indem er einen selbstzerstörerischen Pass durch das eigene Drittel spielte.
Dann überschlugen sich die Ereignisse, häuften sich Glück und Pech in nur wenigen Augenblicken: 57. Minute: Überzahl ERCI. Neuzugang Björn Svensson trifft in Baseball-Manier ins Netz, hat allerdings den Stock zu weit oben. 59. Minute: Wieder Powerplay, Svensson an den Pfosten. Schwenningens Zeitnehmer schummeln und lassen die Uhr zu lange laufen. 59:57,2 Minuten gespielt: Pielmeier ist aus dem Tor, Oppenheimer legt quer auf Danny Irmen – der Ausgleich in letzter Sekunde.
Der angeknockte ERCI hatte sich einen Showdown in der Verlängerung erkämpft: In dieser düpierte Will Acton Gegenspieler Greilinger, zog ab, Treffer, dingdingding, Kampf vorbei (62.). „Wir müssen uns weiter den Hintern aufreißen und uns gemeinsam rauskämpfen“, forderte Kohl. Immerhin eines haben Boxer und Eishockeyspieler also gemein: Nach Niederschlägen sind sie noch immer aufgestanden.
ERC Ingolstadt Ti. Pielmeier – Köppchen, Salcido; Kohl, Schopper; Friesen, McNeill – Elsner, Buchwieser, Oppenheimer; Greilinger, Taticek, Svensson; Jacques, Boyce, Irmen; Wagner, Th. Pielmeier, Kiefersauer – Zuschauer 3552 – Tore 1:0 Samson (4./PP), 1:1 Salcido (6./PP), 1:2 Elsner (18.), 1:3 Buchwieser (21.), 2:3 El-Sayed (35./PP), 3:3 El-Sayed (39.), 4:3 El-Sayed (47.), 4:4 Irmen (60.), 5:4 Acton (62.)
Die Diskussion ist geschlossen.