Gegenwind für Wildpinkler: Wo Notdurft verboten wird
Die Stadt Illertissen will die "Notdurft auf öffentlichen Straßen" verbieten. Anwohner plädieren für eine Sicherheitswacht. Unterstützt wird dieser Vorschlag von einer Partei.
Problematische Auswüchse durch Wildpinkler, nächtliche Alkoholgelage und Ruhestörungen haben im vergangenen Sommer 70 Anlieger des Marktplatzes auf die Palme gebracht. Sie klagten mit einer Unterschriftensammlung im Rathaus gegen die ihrer Meinung nach unhaltbaren Zustände im Stadtzentrum. Jetzt reagiert die Verwaltung. Sie will die „Verrichtung der Notdurft auf öffentlichen Straßen“ verbieten.
Carl Wieler, Initiator der Unterschriftensammlung, glaubt trotzdem, dass sich die Vorfälle im nächsten Jahr wiederholen werden. Er plädiert daher für eine Sicherheitswacht, die in Illertissen wie in anderen Städten auch, patrouillieren sollte. Mit solchen ehrenamtlichen Aufpassern würde die Kontrolle funktionieren, meint Wieler. Aber die Stadt sei dagegen der Ansicht, dass eine Sicherheitswacht nichts bringe.
In Senden und Vöhringen gibt es schon eine Sicherheitswacht
Mit seiner Forderung rennt Wieler bei der Stadtratsfraktion der Freien Wähler offene Türen ein. Zweiter Bürgermeister Josef Kränzle: „Wir haben zwei Anträge für die Sicherheitswacht gestellt, beide wurden abgelehnt“. In Senden und Vöhringen funktioniere sie. „Eine Garantie ist sie nicht“, so Kränzle, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es damit besser werde, sei groß.
Ende September hatte die Rathausverwaltung zur Beschwerde der Marktplatz-Anlieger Stellung bezogen und räumte ein, dass ihr „diese Vorkommnisse bekannt sind, die auch bei Großveranstaltungen wie Umzügen Probleme bereiten“. Deshalb soll die „Verordnung über die Reinhaltung der öffentlichen Straßen und die Sicherung von Gehbahnen im Winter“, so die im Bürokratendeutsch formulierte Vorlage ergänzt werden. Klaus Herrmann vom Bürgerbüro bestätigte unserer Zeitung auf Nachfrage, dass dort ein weiterer Passus aufgenommen wird: „Es ist verboten, auf öffentlichen Straßen seine Notdurft zu verrichten“. Das Verbot beziehe sich auch auf Wege und Plätze samt ihrer Randstreifen, aber nicht auf Privatgrund.
Rechtliche Handhabe für die Polizei schaffen
Mit diesem Verbot soll, so die Stadtverwaltung, „wenigstens zukünftig eine eindeutige rechtliche Handhabe besonders für die Polizei“ geschaffen werden. Das zweite gravierende Problem des Marktplatzes, dessen gewünschte Aufenthaltsqualität nun solche unerwünschten Nebeneffekte hat, sind nächtliche Ruhestörungen und Alkoholkonsum. Doch in diesem Fall sind der Stadt offenbar die Hände gebunden. Laut Rücksprache mit dem Neu-Ulmer Landratsamt und dem Bayerischen Gemeindetag könne für den Marktplatz keine Regelung entsprechend der Grünanlagensatzung erlassen werden, da der Platz eben keine Grünanlage, sondern öffentliche Verkehrsfläche sei.
Illertissen ist kein Einzelfall
Eine Verordnung sei ebenfalls nicht möglich, da die Vorkommnisse auf dem Platz keine konkrete Gefahr nach dem Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) seien. Laut Gemeindetag soll das LStVG aber entsprechend ergänzt werden, heißt es in der Rathaus-Stellungnahme, die dann der Stadt einen Handlungsspielraum ermögliche. Von einer Gesetzesänderung war Wilfried Schober, Sprecher des Gemeindetags in München, gestern auf Nachfrage jedoch nichts bekannt. Einzige Eingriffsmöglichkeit laut Schober wäre lediglich die Verlängerung der Sperrzeit für Gastronomiebetriebe. „Illertissen ist kein Einzelfall“, sagt Schober, aber andere Städte bekämen das Problem in den Griff, zum Beispiel mit einer Sicherheitswacht. Helmut Moser kann den Ärger der Anlieger am Marktplatz durchaus nachvollziehen. Der Chef der Illertisser Polizei hält eine geeignete Satzung der Stadt für die beste Lösung, denn derzeit sind die Eingriffsmöglichkeiten begrenzt. Es müssen schon konkrete Anfangstatbestände vorliegen, wie nächtliche Ruhestörung oder Sachbeschädigung.
FWG-Stadtrat Albert Vogt hält an einem Vorschlag fest, den er schon während der Bauzeit des Marktplatzes gemacht hatte: Im Bereich der Wasserspiele hätte unterirdisch eine öffentliche Toilette installiert werden können. Das würde auch den Marktkaufleuten entgegen kommen. Die WC-Anlage hätte allerdings vandalenfest ausfallen müssen. Die Stadtverwaltung konnte sich mit der WC-Lösung nicht anfreunden.
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