Jetzt fordert das Landratsamt eine Stellungnahme
Prüfen, ob Disziplinarverfahren auch gegen OB Lehmann erforderlich ist
Landsberg Das Landratsamt hat die Stadt Landsberg gestern zu einer Stellungnahme bezüglich der Derivatgeschäfte aufgefordert und um Vorlage des von der Stadt beauftragten Gutachtens gebeten. Wie Pressesprecher Wolfgang Müller in einer Mitteilung schreibt, werde das Landratsamt nach Prüfung der Stellungnahmen und Berichte entscheiden, ob und gegebenenfalls welche weiteren rechtsaufsichtlichen Maßnahmen erforderlich sind, insbesondere ob gegen Oberbürgermeister Ingo Lehmann ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden muss. Gleichzeitig erreichten das LT Stellungnahmen der Fraktionen der SPD und der UBV sowie von OB-Kandidat Mathias Neuner (CSU).
Laut Pressemeldung hat das Landratsamt auch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband um Stellungnahme gebeten, nachdem Derivatverträge Gegenstand der überörtlichen Rechnungsprüfung der Stadt durch den Prüfungsverband waren. Der Prüfungsbericht selbst, von dem das Landratsamt als Rechtsaufsichtbehörde eine Ausfertigung erhalte, liege noch nicht vor. Das Landratsamt sei bisher nicht über den Vorgang informiert.
Landkreis setzt in geringem Umfang Zinsderivate ein
Der Abschluss der einzelnen Derivatgeschäfte bedürfe keiner rechtsaufsichtlichen Genehmigung. Daher müssten die Verträge dem Landratsamt nicht vorgelegt werden. Die Gemeinden seien vom Landratsamt in der Dienstbesprechung der Bürgermeister am 17. Juni 2004 auf die Rechtslage hingewiesen worden. Auch der Landkreis setze im Rahmen seines Kreditmanagements in geringem Umfang Zinsderivate ein. Über den aktuellen Sachstand werde in der Sitzung des Kreisausschusses am 17. Januar berichtet.
Für die Stadtratsfraktion der SPD äußern sich Dieter Völkel und Ludwig Kaiser. Ingo Lehmann habe sofort die Rechtmäßigkeit der Geschäfte untersuchen lassen, nachdem der Prüfungsverband Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit geäußert hatte. Die Mehrheit der Geschäfte sei in Ordnung gewesen. Der Rathauschef habe eine lückenlose Aufklärung zugesagt, die ohne Rücksicht auf Einzelinteressen erfolgen werde. „Die Fraktion weiß, dass dieses Versprechen ohne Wenn und Aber eingehalten werden wird“ schreiben Völkel und Kaiser.
Lückenlose Aufklärung ist zwingend notwendig
Die UBV hält Wertungen und Urteile in der Affäre beim derzeitigen Informationsstand für verfrüht, schreiben der Vorsitzende der Stadtratsfraktion Christoph Jell und der Vorsitzende der UBV Wolfgang Neumeier. Eine lückenlose Aufklärung sei aber zwingend notwendig. Die Erklärung des Oberbürgermeisters, nicht informiert worden zu sein, und deshalb keine Schuld zu tragen, sei ebenso dürftig wie schwer zu glauben. Im Interesse seiner Glaubwürdigkeit raten Jell und Neumeier dem Rathauschef, selbst aktiv auf den Beschluss hinzuwirken, auch gegen sich selbst ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Dass Ingo Lehmann die politische Verantwortung dafür trägt, dass mit dem Geld der Bürger gezockt wurde, stehe außer Frage.
„Der Chef der Verwaltung trägt allein die Verantwortung“, sagt der OB-Kandidat der CSU Mathias Neuner. Ingo Lehmann dürfe sich davor nicht drücken, wenn zwei Millionen Euro „verzockt“ werden. Neuner fordert eine lückenlose Aufklärung, eventuell auch durch eine unabhängige Kommission. Er ist der Auffassung, dass die riskanten Geschäfte dem Oberbürgermeister bekannt gewesen sein müssen. „Einer von beiden, Kämmerer oder OB, sagt die Unwahrheit.“
Die Diskussion ist geschlossen.