Günther ist wieder voll motiviert
Der Ulmer Kapitän zu seinen Träumen und Erwartungen vor der neuen Saison und zu den Gründen für seine langjährige Treue zum Verein
Sie gehen in Ihre neunte Saison mit Ratiopharm Ulm, ihr Vertrag läuft im nächsten Sommer aus. Der Finanzchef Andreas Oettel hat dieser Tage gesagt, dass Sie eigentlich gar nicht wechseln können. Sehen Sie das ähnlich, Herr Günther?
Günther: Das sehe ich ähnlich. Wir sind da durchaus auf einer Wellenlänge.
Warum spielen Sie eigentlich schon so lange in Ulm? Es hat doch sicher auch andere Angebote aus der Bundesliga oder aus dem Ausland gegeben.
Günther: Es gab auch Leute, die mir vorgeworfen haben, dass es mir an der letzten Ambition fehlt. Ich sehe das anders. Der Verein und ich, wir sind parallel gewachsen. Da gab es nie eine Stagnation, das hat immer gepasst. Ich bezweifle, dass es sich lohnt, neun Monate lang depressiv durch München zu laufen, um am Ende vielleicht deutscher Meister zu werden. Für mich gilt der bekannte Spruch, dass der Weg das Ziel ist. Ich gehe hier in Ulm jeden Tag gerne zur Arbeit, hinterher vielleicht schön essen und dann sitze ich noch mit meiner Frau Leonie ein Stündchen auf dem Sofa. Das ist mir sehr wichtig. Ich bin nicht der Typ, der bereit ist, im Leben alles auf die Zeit nach der Karriere zu verschieben. So wie ein Medizinstudent, der dann irgendwann mit 50 Jahren endlich auf seiner Jacht spazieren fährt und Golf spielt.
Ihre achte Saison in Ulm war mit der deutschen Vizemeisterschaft eine der erfolgreichsten. Fällt es schwer, sich für die neue Spielzeit zu motivieren?
Günther: Wir waren auch 2012 deutscher Vizemeister und es ist mir nicht schwer gefallen. Wer diesbezüglich Probleme hat, der ist im Leistungssport fehl am Platz.
Wie groß ist in der Mannschaft die Sehnsucht nach einem Titel?
Günther: Jeder Sportler träumt von einem Titel. Ich würde lügen, würde ich sagen, ich träume von einem Ausscheiden im Halbfinale. Aber das sind die Träume. Wir sind Realisten und wir wissen, dass es unglaublich schwer ist, in einer Serie gegen Bamberg oder München drei Spiele zu gewinnen. Wenn mir jemand garantieren würde, dass wir wieder ins Endspiel kommen, dann würde ich das sofort unterschreiben.
Das Zusammenspiel zwischen Ihnen als Spielmacher und dem Center Tim Ohlbrecht hat in der vorletzten Saison schon sehr gut funktioniert. Wie froh sind Sie, dass er wieder in Ulm ist?
Günther: Ich kenne den Tim tatsächlich seit meiner Kindheit. Ich habe mit ihm schon im Alter von zwölf Jahren in der nordrhein-westfälischen Landesauswahl gespielt. Ich finde es allein aus sportlichen Gründen schon toll, dass er wieder da ist. Er wird mit seiner Präsenz in der Zone Platz schaffen für unsere Schützen. Aber Tim ist auch ein markanter Typ, der als Persönlichkeit wichtig für die Mannschaft ist.
Sie haben in diesem Sommer wie eine Reihe anderer Bundesligaprofis nicht für die Nationalmannschaft gespielt. Können Sie die Kritik an dieser Entscheidung nachvollziehen?
Günther: Ich habe diese Entscheidung nach der vergangenen Saison getroffen, ich stehe dazu und ich würde sie heute wieder so treffen. Die Diskussion ist erst jetzt in Gang gekommen. Hätte die Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation jedes Spiel mit 30 Punkten Vorsprung gewonnen, dann wäre das nie ein Thema gewesen. Wer meine Entscheidung kritisieren will, der hätte seine Kritik in dem Moment äußern müssen, in dem ich diese Entscheidung getroffen habe.
Wird es irgendwann wieder einen Nationalspieler Per Günther geben?
Günther: Ich werde das weiterhin so handhaben wie in der vergangenen Saison. Ich werde nach dem letzten Spiel schauen, wie es meinem Knie und meinem Körper allgemein geht. Dann werde ich die Termine der Nationalmannschaft anschauen und dann werde ich meine Entscheidung treffen.
Welchen Trum würden Sie sich in Ihrer Karriere gern noch erfüllen?
Günther: Jeder Sportler träumt wie gesagt von Titeln. Die noch größere Sache wäre natürlich die Teilnahme an Olympischen Spielen. Aber dieser Traum wird für mich wahrscheinlich nicht mehr in Erfüllung gehen. Interview: Pit Meier
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