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40 Jahre
01.08.2011

Die Abhöranlage von Gablingen gibt Rätsel auf

Fernmeldeanlage Gablingen.
Foto: Marcus Merk

Seit 40 Jahren steht nahe Augsburg ein riesiges Antennen-Gitter. Es soll eine Abhöranlage sein - gebaut von der US-Armee. Karin Seibold hat sich auf eine Spurensuche begeben.

Das große Geheimnis ist nicht zu übersehen. 30 Meter hoch und mit einem Durchmesser von rund 300 Metern ragt das riesige Metall-Ohr in den Himmel. Tausende Autos fahren auf der Bundesstraße 2 täglich daran vorbei. Hunderte Menschen sehen es seit vier Jahrzehnten jeden Tag hinter ihren Gartenzäunen. Doch was es ist, darüber will niemand reden.

„Das ist streng geheim“, sagt Elisabeth Meitinger und zupft ein paar welke Blätter von einer Hecke. 73 Jahre ist sie alt, und genau so lange lebt sie in Gablingen. Sie kann viel erzählen von früheren Zeiten, vom Krieg und von der Angst, die die Menschen in der kleinen Gemeinde im Landkreis Augsburg damals hatten. Sie erinnert sich noch genau daran, wie es war, als im April 1944 der Gablinger Flugplatz, damals ein KZ-Außenlager, bombardiert wurde. „Das hat gedonnert, immer wieder“, sagt sie, wirft die Blätter in einen Eimer und zeigt in Richtung des Militärgeländes nebenan.

Dort steht heute inmitten von Maisfeldern und Kartoffeläckern, abgeschottet durch gut drei Meter hohen Stacheldraht, das gewaltige kreisförmige Antennen-Gitter. Es ist, so heißt es, „eine Abhöranlage“. Nur reden will niemand darüber.

Im Zentrum des käfigartigen Kreises steht ein fensterloses Gebäude. Aus wie vielen Stockwerken es unterirdisch besteht, darüber gibt es nur Mutmaßungen. Unbestätigten Berichten zufolge sollen elektronische Installationen bis zu 25 Meter tief unter die Erde reichen. Einmal, 1997, tauchte kurzzeitig ein Dokument auf – ein Einsatzplan der Feuerwehr. 220 Büros seien in dem Komplex untergebracht, stand darin, und 400 Türen wurden aufgeführt. Als Zweck des Gebäudes war „Datenverarbeitung“ angegeben. Aber was heißt das nun? Es will einfach niemand darüber reden.

Die paar tausend Menschen, die mehr wissen, unterliegen einer strengen Schweigepflicht. Und sie alle halten sich offenbar strikt daran. „Es ist nichts herauszufinden“, sagt Wilhelm Meir. Der 75-Jährige steht in seiner Garage und schraubt an den Einzelteilen eines Regals herum. Seit 50 Jahren lebt er in direkter Sichtweite des Militärgeländes. Immer wieder hat er versucht, mehr darüber zu erfahren. Doch im Lauf der Jahrzehnte hat er sich daran gewöhnt, dass auch er nie so genau wissen wird, was hinter dem hohen Stacheldrahtzaun passiert.

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Schon beinahe ein Jahrhundert lang ist die Zone Sperrgebiet. Seit 1916, als das Kriegsministerium im Auftrag König Ludwigs III. den Flugplatz errichtet hat, sind die Gablinger daran gewöhnt, dass sie das Gebiet nicht betreten dürfen. Damals entstanden hier Hallen, Tank-Anlagen und ein Schießstand. Baracken und Kasernen wurden gebaut. Der Künstler Paul Klee, so steht es in der Gemeinde-Chronik, soll bis 1918 als junger Rekrut auf dem Flugplatz gedient haben.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Gelände „zurückgebaut“. Was nützlich erschien, nahmen die französischen Streitkräfte mit. In den Gebäuden, die stehen blieben, kamen für ein paar Jahre Umsiedler unter. Doch 1934 war auch das vorbei. Im Dritten Reich wurde der Flughafen wieder für militärische Zwecke gebraucht und diente als Umschlagplatz für Ausrüstung, Munition und Verpflegung.

1945, ein Jahr nach dem Bombenangriff, übernahmen die Amerikaner das Areal. „Erst mit Hubschraubern, dann später kamen ganze Einheiten von Fallschirmspringern dazu“, erinnert sich Wilhelm Meir. „Gelegentlich“, sagt er, habe er damals mit US-Soldaten zusammengesessen – wenn die, nach Feierabend, noch auf ein Bier in die Wirtshäuser der Gemeinde kamen. Als 1971 der Bau des Antennen-Gitters begann, wurden diese Gespräche aber seltener: „Top secret“ – streng geheim war das, was da vor den Gablinger Gartenzäunen entstand.

Seither will niemand in der Gemeinde mehr irgendwas wissen. Nur Meir glaubt, etwas zu ahnen. „Im Kalten Krieg haben die Amerikaner damit den Osten abgehört“, sagt er. „Die haben Funkwellen aufgefangen, die Hunderte Kilometer weit entfernt gesendet wurden. Und in den Gesprächen haben sie nach Schlagworten gesucht, ob da irgendwelche Angriffe geplant waren oder so was.“

„United Army Field Station“ nannten die Amerikaner damals das 143 Hektar große Gelände – und gaben dem Antennen-Kreis den Spitznamen „Elefantenkäfig“. Immer wieder versuchten auch Journalisten, mehr über die Anlage zu erfahren. Doch sie alle stießen auf eine Mauer des Schweigens – und auf den Stacheldrahtzaun inmitten von Schafherden und Bahngleisen.

Mehr Glauben als Wissen war denn auch das, was in all den Jahren verbreitet wurde. „Die abgeschirmten Anlagen sind Knotenpunkt eines unsichtbaren Netzes, das die Bundesrepublik und den gesamten Erdball umspannt. Amerikas geheimster Geheimdienst, die National Security Agency (NSA), lauscht weltweit rund um die Uhr“, schrieb der Spiegel im Februar 1989. Und mutmaßte: „Was Präsidenten oder Minister in Kabinettssitzungen reden, was in Königshäusern oder auf Vorstandsetagen gesprochen wird, ob Generale saufen oder Botschafter fremdgehen, alles auf Band: Die Vertraulichkeit des Wortes ist aufgehoben, die Privatsphäre verletzt.“ Mehr als 3000 Menschen sollen in dieser Zeit auf dem Gelände gearbeitet haben. Aber auch darüber, man ahnt es, will niemand reden.

Sicher ist: Selbst nach dem Fall der Mauer blieben die Amerikaner zunächst in Gablingen – und machten – was auch immer sie machten – einfach weiter. „Ist es ausgeschlossen, dass von dieser Anlage aus (...) im Raum Augsburg und im übrigen Bayern Wirtschaftsspionage betrieben wird?“, rätselte 1996 der damalige Landtagsabgeordnete Raimund Kamm (Grüne) deshalb – und stellte eine schriftliche Anfrage an die Bayerische Staatsregierung. „Die von den US-Streitkräften in Gablingen betriebene Antennenanlage ist für die Aufklärung ausländischer militärischer Funkverbindungen konzipiert“, heißt es in der mittlerweile 15 Jahre alten Antwort, die unserer Zeitung vorliegt (siehe unten stehender Artikel). Und weiter: „Der Zutritt zu den jeweiligen militärischen Liegenschaften richtet sich nach den Erfordernissen der militärischen Sicherheit.“

Erst im Dezember 1998 zogen die Amerikaner aus Gablingen ab. Sie übergaben das Gelände samt Abhöranlage offiziell an die Bundeswehr. Inoffiziell aber glauben die Gablinger zu wissen: Mit Bundeswehr hat das alles nicht viel zu tun. „Das ist nur der Deckname“, sagt auch Raimund Kamm. „Da sitzt der BND, der Bundesnachrichtendienst.“

Etwa 150 Menschen sollen derzeit in der Anlage tätig sein. Ob das stimmt, weiß nicht einmal der Gablinger Bürgermeister Karl Hörmann. „Das unterliegt alles der militärischen Geheimhaltung“, sagt er.

Die Anlage ist für ihn deshalb immer nur dann ein Thema, wenn jemand in der Nähe des Geländes etwas bauen oder sonst wie verändern will. Drei „Schutzbereiche“, einer immer 680 Meter breiter als der vorherige, umringen das Areal. Innerhalb dieser gedachten Linien gelten strenge Regeln: Schweißarbeiten, Metallteile am Haus oder auch Solarzellen auf den Dächern sind verboten – „weil sie die Antennen stören würden“, sagt Hörmann. Was genau das alles soll, wisse aber auch er nicht: „Ich weiß über das Gelände nur, was ich wissen darf. Das ist eben so.“

„Einen, der das alles weiß“, sagt Wilhelm Meir dagegen und schiebt einen Regalboden zur Seite, „kenn ich.“ Dann schluckt er, schaut verstohlen in Richtung des Antennen-Gitters am Horizont und sagt, ganz leise: „der Kratzer Helmut“.

Als die Türklingel surrt, ein paar Straßen weiter, öffnet zwischen Gartenzwergen mit roten Zipfelmützen eine grauhaarige Frau die Tür. Ob der Herr Kratzer zu sprechen ist, wegen der Abhöranlage? „Nein, weil der jetzt gleich Mittagessen muss“, sagt sie und wischt sich die Hände an der Schürze ab. Dann zuckt sie doch mit den Schultern, dreht sich um und ruft ihren Mann.

Helmut Kratzer grinst. Vielleicht weiß er wirklich mehr. „Seit fünf Jahren“, sagt er, „bin ich jetzt schon im Ruhestand.“ Die Haustür ist nur einen Spalt weit geöffnet. „Aber 25 Jahre lang“, sagt er, „habe ich auf dem Gelände gearbeitet. Als Hausmeister.“ Und? Was machen die da?

Helmut Kratzer grinst noch immer. Vielleicht weiß er wirklich mehr. Er schaut zu Boden, in Richtung der Gartenzwerge, und sagt: „Ich habe einen Eid geschworen, dass ich das nicht sage.“ Dann sagt er nicht mehr viel. Aber eine Telefonnummer hat er, in sauberer Schrift in ein kleines Notizbuch geschrieben. Und die verrät er sogar.

Aus dem Telefonhörer klingt eine männliche Stimme. „Fernmeldestelle Bundeswehr Süd.“ Dann ein leises Atmen, gefolgt von einem lauten Auflachen. „Sie wollen die Abhöranlage besichtigen? Also, na ja... so was ist eigentlich nicht vorgesehen.“ Wieder ein Atemzug, der den Rest des Lachens verschluckt. „Ob da überhaupt noch Menschen sind? Ja, was denken Sie denn, wo Sie gerade anrufen?“ Und dann ist das Gespräch auch schon beendet. „Nein, es gibt keine Auskünfte, Auskünfte sind nicht vorgesehen.“ Die Pressestelle der Bundeswehr antwortet auf Nachfrage per E-Mail: „Wir bitten um Verständnis, dass wir Ihnen aus sicherheitsrelevanten Gründen keine Informationen über die Anlage, das dort eingesetzte Personal und dessen Tätigkeit zur Verfügung stellen können. Auch eine Besichtigung ist leider nicht möglich.“

„Eine Zeit lang“, sagt der Rentner Wilhelm Meir, „hab ich mich immer mit dem Auto vor das Eingangstor gestellt und gewartet, ob ich sehe, dass was passiert.“ Aber, weil nie was passiert ist, zumindest nicht, wenn er gerade wartete, hat er damit wieder aufgehört. „Die sind halt einfach da, das ist so“, sagt er, und dreht seinen Kopf, vielleicht absichtlich, so, dass er das Antennen-Gitter nicht mehr im Blick hat. „Viel schlimmer ist doch das mit dieser Handystrahlung, das regt die Leute auf, machen Sie doch da mal eine Geschichte!“

„Diese Starkstrommasten vor dem Haus zum Beispiel, die machen mir viel mehr Sorgen“, sagt die Hausbesitzerin Elisabeth Meitinger, „also gesund kann das wirklich nicht sein.“ – „Wenn jetzt der BND von Gablingen aus Funkverkehr abhört, der ins Ausland geht, also wegen der Sicherheit, dann ist das ja völlig in Ordnung“, sagt der ehemalige Abgeordnete Raimund Kamm. „Nur sagen sollten sie es halt dann einfach, dass sie das machen.“ – „Was in der Anlage passiert, hat sicher alles seine Richtigkeit“, sagt der Gablinger Bürgermeister Karl Hörmann.

Der ehemalige Hausmeister Helmut Kratzer sitzt da vielleicht schon beim Nachtisch. Drüben auf der B2 rauschen die Autos vorbei an Maisfeldern, Kartoffeläckern und Schafherden. Immer den Elefantenkäfig im Blick. Und drinnen in der Abhöranlage werden womöglich große Geheimnisse besprochen, die die Sicherheit der ganzen Bundesrepublik betreffen. Nur darüber reden will niemand.

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