Folgen der Landtagswahlen: geringe Wahlbeteiligung und Erfolge der Protestparteien
Die Wahlbeteiligung der Landtagswahl in Sachsen betrug weniger als 50 Prozent. Probleme machten auch die Protestparteien, die in der Wahl ihre Erfolge feierten.
Er kann weiterregieren – und sich sogar den Koalitionspartner aussuchen. Der bodenständige Sorbe Stanislaw Tillich aus der Oberlausitz, der seit 2008 unangefochten in Sachsen regiert, darf sich als Sieger der Landtagswahlen fühlen. Die CDU allein ist stärker als Linkspartei, SPD und Grüne zusammen, mit der SPD und den Grünen stehen gleich zwei Koalitionspartner zur Auswahl. Zudem ist die rechtsradikale NPD, wenn auch denkbar knapp, nach zehn Jahren im Parlament an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, womit die Hetzer in ihrem ostdeutschen Stammland ihre wichtigste Machtbasis verlieren. Kein Wunder, dass CDU-Chefin Angela Merkel von einem guten Tag für ihre Partei spricht.
Geringe Wahlbeteiligung der Landtagswahl ist problematisch
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Die CDU hat zwar die Wahlen in Sachsen gewonnen, doch sie geht nicht als strahlende Siegerin vom Platz, sondern ramponiert und ratlos. Trotz der Beliebtheit des Ministerpräsidenten, der mittlerweile im Land so populär ist wie sein Vor-Vorgänger Kurt Biedenkopf, der in den 90er Jahren drei Mal die absolute Mehrheit eroberte, reicht es für die Union nicht einmal mehr für 40 Prozent. Trotz der unbestreitbaren Erfolge der Landesregierung fliegt die Regierungspartei FDP aus dem Landtag. Dagegen kommen zwei reine Protestparteien, AfD und NPD, zusammen auf 15 Prozent der Stimmen.
Und, besonders bitter, jeder zweite Wahlberechtigte blieb zu Hause. 25 Jahre nach dem Mauerfall und dem Ende der SED-Diktatur gaben nur 49,2 Prozent der Bürger ihre Stimme ab. Das schlechte Wetter und der Wahltermin am letzten Tag der Sommerferien taugen als Begründung dafür nur bedingt, die Probleme sitzen deutlich tiefer und müssen ernst genommen werden.
Erfolge der Protestparteien könnten Altparteien verdrängen
Beides zusammen, der hohe Stimmenanteil für die Protestparteien sowie die historisch niedrige Wahlbeteiligung, sind ein Alarmsignal für die demokratischen Parteien. Wenn die Bürger schon in Zeiten, in denen es ihnen relativ gut geht, in denen die Wirtschaft brummt, die Jobs sicher, die Euro-Krise der Vergangenheit angehört und die Perspektiven glänzend sind, sich entweder komplett verweigern oder demonstrativ von den Altparteien abwenden, was passiert dann erst in wirklichen Krisenzeiten? Gerade in den neuen Ländern, wo die Bindung an die Parteien gering ausgeprägt ist, stellt dies alle Parteien vor Probleme, wenn die spontane Emotion den Ausschlag gibt, nicht die Vernunft.
Davon hat die AfD profitiert, das Sammelbecken der zornigen Wutbürger, der Frustrierten und Enttäuschten, die es „denen da oben“ mal zeigen wollten, warum auch immer. Es reichten ein paar schlichte Parolen und das naive Bekenntnis aller Neulinge, anders als alle anderen sein zu wollen, um aus dem Stand auf zehn Prozent zu kommen – auch ohne Euro-Krise. Die Wähler kamen aus allen Richtungen, von der NPD ebenso wie von der Linkspartei, vor allem aber von der CDU.
Neue Konkurrenz für Christdemokraten - die Protestpartei AfD
Womit der Ball wieder im Feld der CDU-Chefin liegt. Der Union ist mit der AfD ein ernsthafter Konkurrent erwachsen. Unter Merkel ist sie so weit in die Mitte gerückt, dass rechts von ihr viel Platz frei wurde. Die AfD macht sich dort breit, breiter als den Christdemokraten lieb sein kann. Sie widmet sich bewusst den in den Hintergrund geratenen, konservativen Themenfeldern.
Die CDU versucht es mit klarer Abgrenzung und kündigt eine harte Auseinandersetzung an. Doch wie soll dies gelingen? Einerseits koaliert sie mit der SPD und öffnet sich für weitere Bündnisse mit den Grünen, andererseits will sie den Konservativen eine politische Heimat bieten – dieser Spagat dürfte selbst Angela Merkel überfordern. (AZ)
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