Heute ist der Tag X
Für die Nationalmannschaft geht es gegen die Schweiz um den Einzug ins Viertelfinale. Das Spiel findet vor einem Millionenpublikum statt und hat weitreichende Konsequenzen
Vor dem wichtigsten Spiel bei Olympia gab Eishockey-Bundestrainer Marco Sturm seinem Team am Montag noch einmal frei. Viele Spieler fuhren an den Strand des Ostmeeres, andere in die Stadt nach Gangneung. Kräfte sammeln und den Kopf freibekommen war angesagt für den Showdown am heutigen Dienstag gegen die Schweiz (13.10 Uhr/ARD und Eurosport), der entscheidenden Partie um den erstmaligen Einzug in ein olympisches Viertelfinale seit 16 Jahren. „Das ist der Tag X für Team D“, sagte Verbandschef Franz Reindl zur Bedeutung des Spiels.
Geht der Aufschwung unter Bundestrainer Sturm weiter oder gibt es den ersten Rückschlag seiner Ära? Der Auftritt gegen die Schweiz ist die Riesenchance, endgültig wieder ins Bewusstsein eines breiten Publikums zu stoßen. Durch den Spielbeginn am späten Abend in Südkorea werden wieder Millionen TV-Zuschauer daheim zuschauen. So wie schon beim bitteren 0:1 nach mitreißendem Match gegen Weltmeister Schweden am Freitag, als gut 2,8 Millionen Menschen im ZDF dabei waren – ungewohnt für das deutsche Eishockey.
Seit Jahren werden die Spiele des Nationalteams sonst vom Spartensender Sport1 übertragen. „Wir spielen nicht oft vor einem Millionen-Publikum daheim. Das ist das, was Olympia ausmacht. Nicht nur Eishockeyfans schauen zu, sondern die ganze Welt“, sagte Kapitän Marcel Goc ein wenig übertreibend und fügte hinzu: „Natürlich wollen wir das nutzen, um gute Werbung zu machen.“
Schon einmal war die Schweiz Gegner in einem wichtigen Duell: 2010 bei der Heim-WM spielte Deutschland unter Trainer Uwe Krupp im Viertelfinale gegen den Erzrivalen – und gewann.
„Deutschland gegen die Schweiz ist ein Klassiker. Jeder ist sich der Situation bewusst“, sagte Goc, der vor acht Jahren schon beim größten Erfolg des deutschen Eishockeys seit Olympia-Bronze 1976 dabei gewesen war. Nach dem sensationellen vierten WM-Rang damals wurde im Deutschen Eishockey-Bund (DEB) aber vieles falsch gemacht. Strukturelle und personelle Fehlentscheidungen führten unter anderem zur verpassten Olympia-Qualifikation für Sotschi 2014.
Seit die Ex-Nationalspieler Reindl und Sturm das Zepter als DEB-Präsident (Reindl 2014) und Bundestrainer (Sturm 2015) übernahmen, geht es wieder aufwärts. Mit einem Sieg gegen die Schweiz würde das DEB-Team den Viertelfinal-Hattrick unter Sturm perfekt machen: 2016 und 2017 hatte er Deutschland bei WM-Turnieren in die Runde der letzten Acht geführt. Hinzu kam 2016 in Riga die Qualifikation für Olympia durch ein 3:2 gegen Gastgeber Lettland.
„Jetzt haben wir wieder diese Chance, die müssen wir aber auch nutzen“, sagte Reindl zum Olympia-Comeback. Genutzt wäre diese, zöge Deutschland ins Viertelfinale ein. Neben der öffentlichen Aufmerksamkeit kämen wichtige Weltranglisten-Punkte hinzu. Diese würden die Chance erhöhen, sich für Peking 2022 wieder direkt zu qualifizieren. Andersherum müsste Olympia bei einer Pleite als Rückschritt gewertet werden. Der Weltranglisten-Achte liefe Gefahr, im Ranking aus den acht für Olympia gesetzten Nationen zu fallen.
Mit dieser Gefahr setzt sich aktuell indes niemand auseinander. Zumal die bislang letzte Niederlage bei Olympia gegen die Schweiz 90 Jahre zurückliegt. Das Selbstbewusstsein durch den starken Auftritt gegen Schweden und dem folgenden ersten Sieg bei Olympia seit 16 Jahren gegen Norwegen ist riesig. „Das Momentum ist jetzt wichtig und das nehmen wir mit“, sagte Torwart Danny aus den Birken.
Das Team fühlt sich stark genug, sogar mehr als das Viertelfinale zu erreichen. Gegner im Viertelfinale wäre am Mittwoch erneut Schweden. Mit dem Weltmeister hat das deutsche Team noch eine Rechnung offen. (dpa)
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