DFB-Team eröffnet Saison gegen "falsche" Südamerikaner
Es ist das letzte Länderspiel im ungeliebten August - und das gegen den falschen Gegner. Eigentlich wollten Joachim Löw und die deutsche Nationalmannschaft die WM-Saison mit einem echten Kracher gegen den Rekordchampion und Weltmeisterschafts-Gastgeber Brasilien eröffnen.
Doch Vertrags-Querelen verhinderten das Prestigeduell. Statt Brasilien heißt der südamerikanische Proband am Mittwoch Paraguay. "Es ist wichtig, dass wir mit dem Spiel gut in die Saison starten", sagte Löw trotz der Ersatzlösung.
"Südamerikanischer Fußball ist nicht immer nur Samba-Fußball, das ist ein Irrglaube. Mannschaften wie Paraguay können auch wahnsinnig robust spielen, schonen weder sich noch den Gegner", bemerkte der Bundestrainer am Dienstag im Mainzer Teamhotel zur ersten Aufgabe der Spielzeit 2013/14. Entscheidend sei, dass man sich nach vielen Duellen gegen Europäer in der Vorbereitung auf die WM im kommenden Sommer endlich wieder mit einer anderen Spielkultur messen könne, auch wenn es nicht Brasilien ist. "Sie gehen rigoros in die Zweikämpfe, sind auch technische sehr gut", sagte Löw zu den Kontrahenten.
Dass der Länderspielauftakt sozusagen als Kaltstart erfolgt, da die Bundesliga gerade erst ihren ersten Spieltag hinter sich hat und die sieben Legionäre im 20-köpfigen Kader sogar noch ganz ohne Wettkampfpraxis sind, spielt für Löw nur eine untergeordnete Rolle. Zumal es seit 2006 nur eine Niederlage im August gab - im Vorjahr mit 1:3 gegen Argentinien. "Die Nationalmannschaft rückt wieder stärker in den Fokus, prophezeite der DFB-Chefcoach für die kommenden Monate.
Ohnehin ist es das letzte Mal, dass die deutschen Stars um Philipp Lahm, Mesut Özil und Lukas Podolski zu dem frühen Saisonzeitpunkt einen Länderspiel-Kaltstart hinlegen müssen. Der Weltverband FIFA hat ab kommendem Jahr mit der Neuordnung des internationalen Spielkalenders den August-Termin gestrichen. "Wir haben bisher noch gar kein richtig hartes Spiel bestritten", berichtete der Wahl-Engländer Podolski von seiner Vorbereitung mit dem FC Arsenal.
Der Ex-Kölner könnte vor 47 500 Fans im ausverkauften Fritz-Walter-Stadion dennoch von Beginn an im linken Mittelfeld auflaufen, weil sich Marco Reus mit einem Infekt plagte. Auch ein Einsatz von Ilkay Gündogan ist wegen einer Rückenblessur gefährdet. Beim Abschlusstraining am Dienstag waren beide Spieler zwar dabei. Die Bayern Bastian Schweinsteiger, Mario Götze und Toni Kroos und der Schalker Julian Draxler fehlen ohnehin.
Konkrete Einblicke in seine Startelf gab der DFB-Chefcoach nicht. Löw verriet nur, dass Miroslav Klose (67 Länderspiel-Tore) und Mario Gomez (25) je eine Halbzeit stürmen sollen. Der 28-jährige Gomez ist nach seinem Abschied vom FC Bayern erstmals als Italien-Legionär beim DFB-Team dabei: "Ich habe dreieinhalb schöne Wochen hinter mir", berichtete Gomez mit einem Lächeln von den "ganz speziellen" ersten Erfahrungen mit dem AC Florenz.
Löw findet den Wechsel für Gomez gut: "Er ist eine Tormaschine, wenn er seinen Rhythmus hat und Vertrauen genießt." Beim mit noch mehr Stars als in der Vorsaison gespickten FC Bayern hätte das wohl anders ausgesehen. Gomez beschrieb seine Überlegungen vor dem Wechsel so: "Ich kann bei Bayern bleiben, da habe ich drei Meisterschaften mehr und eine Champions League. Oder ich kann mich weiterentwickeln, nicht nur als Fußballer, sondern als Person."
Einige Aufmunterungs-SMS hat Gomez schon von Miroslav Klose erhalten, der die Gepflogenheiten in Italien ja schon seit 2011 kennt. "Der Miro weiß ja, dass die Trainingslager in Italien ein bisschen anders sind", sagte Gomez. Für Lazio-Stürmer Klose könnte sein 128. Länderspiel in seiner Fußball-Heimat Kaiserslautern ein ganz besonderes werden. Trifft Klose gegen Paraguay, würde der Italien-Profi mit dann 68 Treffer im Adler-Trikot den Rekord des "Bombers der Nation", Gerd Müller, einstellen.
Beim achten Auftritt der Nationalelf auf den Betzenberg stehen für Löw aber nicht so sehr einzelne Spieler im Mittelpunkt. Gegen Paraguay soll vor allem damit begonnen werden, die noch vorhandenen mannschaftlichen Defizite abzustellen. Es gehe um mehr Konstanz und defensive Stabilität, unterstrich der 53 Jahre alte Freiburger mit Blick auf das anstehende vierte große Turnier seiner Amtszeit. Dabei will er seine Liebe zum attraktiven Offensivspiel aber nicht aufgeben: "Es ist mit das Schwierigste überhaupt, defensiv stabil zu stehen ohne Catenaccio und vorn drei, vier Tore zu erzielen."
Die Fans in Kaiserslautern und an den TV-Schirmen würden sich über drei, vier Tore gegen Paraguay natürlich freuen. Das dies nicht so leicht ist, hat eine deutsche Mannschaft beim bisher einzigen Vergleich im WM-Achtelfinale 2002 in Südkorea erlebt. Erst durch ein Tor von Oliver Neuville zwei Minuten vor dem Abpfiff gelang ein 1:0. In der laufenden WM-Qualifikation ist die Albirroja um den früheren Münchner Roque Santa Cruz allerdings bereits raus.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Deutschland: Neuer (Bayern München/27 Jahre/38 Länderspiele) - Lahm (Bayern München/29/98), Mertesacker (FC Arsenal/28/90), Hummels (Borussia Dortmund/24/24), Schmelzer (Borussia Dortmund/25/11) - Khedira (Real Madrid/26/39), Lars Bender (Bayer Leverkusen/24/14) - Müller (Bayern München/23/41), Özil (Real Madrid/24/46), Podolski (FC Arsenal/28/110) - Klose (Lazio Rom/35/127)
Paraguay: Villar (Colo Colo Santiago/36/100) - Candia (Olimpia Asuncion/30/2), da Silva (Deportivo Toluca/33/111), Aguilar (Club Tijuana/26/10), Melgarejo (Benfica Lissabon/23/1) - Ayala (CA Lanus/25/11), Riveros (Gremio Porto Alegre/30/83), Ortiz (Deportivo Toluca/23/10), Fabbro (River Plate/31/8) - Caballero (Krilja Sowjetow Samara/23/12), Santa Cruz (FC Malaga/31/92)
Schiedsrichter: Bebek (Kroatien) (dpa)
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