Nach einer mauen Haselnussernte: Süße, teure Versuchung
Kosten Knoppers und Nutella künftig mehr? Wegen eines Unwetters über dem größten Haselnussanbaugebiet der Welt knabbert die Süßwarenindustrie an hohen Preisen.
Naschkatzen müssen jetzt stark sein. Nutella, Knoppers, Snickers oder der Nuss-Nugat-Kuchen aus der Konditorei in der Innenstadt werden möglicherweise teurer - kurz: alle Haselnussleckereien. Um die Ursachen zu finden, reicht ein Blick auf den Haselnussmarkt.
In einer Frühjahrsnacht ist das Unwetter über der türkischen Schwarzmeerküste hereingebrochen, dem größten Haselnussanbaugebiet der Welt. Frost und Hagel fielen über die sonst trockene und warme Region her. Erst jetzt werden die Schäden deutlich. Die türkische Landwirtschaftskammer begutachtete das 660 000 Quadratmeter große Areal und kam zu einem Ergebnis: Die Ernte fällt mau aus. Nur 370 000 Tonnen Haselnüsse kalkuliert die Behörde für dieses Jahr ein. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es noch 500 000 Tonnen.
Der Markt reagiert schnell auf die Haselnussmisere und das wird weder der Schokoladenindustrie noch den kleinen städtischen Konditoren schmecken. Der Durchschnittspreis für ein Kilo Haselnüsse betrug 2013 noch sechs Türkische Lira, etwas mehr als zwei Euro. Jetzt zahlen die Importeure elf Lira, gut 3,80 Euro - ein Anstieg von mehr als 80 Prozent, berichtet die Frankfurter Allgemeine.
72 Prozent der weltweiten Ernte aus der Türkei
Warum kaufen dann die Süßigkeitenhersteller nicht einfach in einem anderen Land? Solveig Schneider, Pressesprecherin des Bundesverbands der Deutschen Süßigkeitenindustrie, antwortet auf die Frage: "Zwar bauen auch Italien und die USA Haselnüsse an, doch im Vergleich mit der Türkei ist die Menge eher gering." Die Türkei ist mit Abstand der größte Haselnussproduzent der Erde und Deutschland sein größter Abnehmer. Mehr als 72 Prozent der weltweiten Ernte stammen aus der Türkei.
Zudem ist Haselnuss nicht gleich Haselnuss. In der Türkei wird überwiegend die Lambertshasel angebaut, die beispielsweise dem Nutella-Aufstrich seit Jahrzehnten seinen Geschmack verleiht. Greift das Mutterunternehmen Ferrero plötzlich auf amerikanische Haselnüsse zurück, würde folglich der Aufstrich anders schmecken.
Ferrero lenkt bereits mit einer Pressemeldung ein. Der Markt sei seit vielen Jahren die Schwankungen gewöhnt. Anschließend lobt die Ferrero-Pressestelle die vorausschauende Einkaufspolitik des italienischen Konzerns, um am Ende doch über eine mögliche Preiserhöhung zu sprechen. Es werde aber versucht, die Auswirkungen für den Verbraucher so gering wie möglich zu halten, schreibt Ferrero.
Ähnlich argumentiert Bernd Rößler, Unternehmenssprecher des Berliner Süßwarenherstellers August Storck - bekannt für Haselnussprodukte wie Toffifee und Knoppers. "Preissteigerungen bei nur einem Rohstoff sind eher selten Anlass für Preiserhöhungen", schreibt Rößler. Doch komme dann noch teurer Strom dazu, spitzt sich die Lage zu. Zumindest in den nächsten Wochen plane Storck aber keine Teuerung. Es scheint so, als hätte die Süßigkeitenindustrie die Situation längst vorhergesehen.
Doch möglicherweise trügt der Schein. Aus gut informierten Kreisen ist zu hören, dass derartige Schwankungen auf dem Haselnussmarkt seit mindestens fünf Jahren nicht vorgekommen seien. Die lokalen Konditoren zeichnen ein anderes Bild als das der Massenhersteller. Gerhard Schenk leitet eine Augsburger Konditorei, die seinen Namen trägt. Er spricht offen über die Marktsituation und auch von einer möglichen Preiserhöhung seiner Nusslebkuchen oder der Nuss-Nugat-Torte. "Das wäre mehr eine Anpassung als eine Erhöhung. Ich verdiene nicht mehr daran", sagt er. Ob die Preiserhöhung komme, hänge natürlich vom Markt ab. Aber im Moment sehe es schlecht aus.
Die Krise begann bereits vor Weihnachten
Wegen der hohen Haselnusspreise vergangenes Weihnachten hätten die Großhändler nur vorsichtig importiert. Und dann sei der schlimmste Fall eingetreten, erklärt Schenk und meint damit das Unwetter. Die erhoffte Stabilisierung des Marktes blieb aus. "Wenn die letzten Vorräte aufgebraucht sind, muss auch ich die teuren Haselnüsse kaufen."
Wie sich letztendlich die Preise der Süßwarenindustrie entwickeln werden, wird erst in den nächsten Monaten sichtbar. Eben dann wenn die Hersteller die letzten vorrätigen Nüsse in Tafelschokolade oder Brotaufstrich verwandelt haben.
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