Schaurig und doch schön
Stefan Hämmerle und Maximilian Czysz unterhalten im neuen Kulturhaus "Beim Schwung" in Thannhausen mit Mords- und Lausbubengeschichten aus der Vergangenheit.
Schaurig-schöne Mords- und Lausbubengeschichten erzählten jüngst Stefan Hämmerle und MN-Redakteur Maximilian Czysz im neuen Kulturhaus „Beim Schwung“. Beim flackerden Schein des Kaminfeuers im ehemaligen Stadel unterhielten sie mit Musikerin Diana Jung zwei Stunden lang die Gäste, Sie erinnerten beispielsweise an einen Klassenausflug nach Roggenburg, der ein anderes Ende nahm als geplant. Wanderphilosoph Stefan Hämmerle, der in Krumbach aufgewachsen ist, ließ auch amüsant eine Schlacht auf Eisschollen lebendig werden – als Bub landete er in der Wolltrainingshose im eiskalten Wasser. Spaß hatte ihm die Mordsgaudi trotzdem gemacht. Für die Mordsgeschichten der Lesung war Maximilian Czysz zuständig: Er hatte Polizei- und Gerichtsberichte aus dem Mittelschwaben um 1900 ausgewählt. Damals gab es in den meisten Häusern keinen Strom, die Dächer waren mit Stroh gedeckt und das Leben vom Rhythmus der Natur geprägt. Deutlich wurde, dass die Sprache der Zeitungsjournalisten früher umständlich und behäbig wirkte. Dafür wurden Unglücksfälle ohne Rücksicht auf Verluste und in allen Einzelheiten beschrieben: Beispielsweise berichtete Czysz vom Unfall eines 26 Jahre alten „Ökonomenssohn“ aus Deisenhausen, dem seine Pferde durchgegangen waren. Er fiel hin und „der mit Cementröhren schwer beladene Wagen ging über seinen Unterleib hinweg, so daß die Gedärme hervordrangen, was anderntags früh 4 Uhr unter gräßlichen Schmerzen den Tod herbei führte“. Von schaurig bis schön und heiter: Geschmunzelt werden durfte übrigens nicht nur bei den ausdrucksstarken, kreativen und sehr gut auf die Texte abgestimmten musikalischen Einlagen von Diana Jung mit Akkordeon und Dudelsack, sondern auch beim Bericht aus Ziemetshausen, der im Krumbacher Boten vom 27. Dezember 1913 abgedruckt war: Fürstin Maria zu Oettingen-Wallerstein war gestorben und lag in der Kirche aufgebahrt. Zwei Feuerwehrmänner hielten Ehrenwache. „Da bemerkte plötzlich morgens gegen 4 Uhr der Wächter, daß sich jemand in die Kirche geschlichen hatte. Nur mit einem weißen Hemd bekleidet, ging die Gestalt dem Feuerwehrmann entgegen, welche ihn sofort faßte und nach seinem Namen fragte. Der Eindringling gab auf die Fragen jedoch so verworrene Antworten, daß kein Zweifel darüber aufkam, daß sich ein Geistesgestörter in die Kirche Eingang verschafft hatte.“ Wortwörtlich wurde geschrieben: „Der Bedauernswerte wurde von den beiden Feuerwehrleuten ins nebenanliegende Krankenhaus geschafft, wo dann die Ursache des seltsamen nächtlichen Kirchenbesuchs aufgeklärt wurde. Der junge Mann wollte sich dem Lehrfach zuwenden, wobei er sich wahrscheinlich geistig überanstrengte. Seit zwei Tagen weilte er bei seinen Eltern, von deren Haus aus er durchs Fenster stieg und in die Kirche schlich. Den hier im besten Ansehen stehenden Eltern wendet sich die größte Teilnahme zu.“ (mn)
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