Meisterlicher Aufwand für die Leichtathletik
Hinter einem reibungslosen Ablauf stecken harte Arbeit und viel Geld. Hotellerie und Gastronomie dürfen sich freuen
von Dorothee Pfaffel
Ulm Rote, grüne und blaue Lämpchen leuchten. An den Wänden sind überall Bildschirme installiert. Manche davon zeigen Bilder des Ulmer Donaustadions aus verschiedenen Blickwinkeln. Davor sitzen Männer, die Anweisungen in Mikrofone sprechen, wie die Kameras draußen ausgerichtet werden sollen. Ab und zu drücken sie auf einen der zahlreichen Knöpfe oder drehen an einem der Regler am Mischpult. Im Hintergrund ist das laute Gebläse der starken Klimaanlage zu hören. Sie sorgt dafür, dass die vielen technischen Geräte auf engstem Raum kühl bleiben und nicht überhitzen. Es handelt sich aber nicht um ein Raumschiff, sondern um einen von zwei Übertragungswagen des ZDF. Mit Hilfe von vier Ton- und vier Bildregien werden von hier aus die deutschen Leichtathletikmeisterschaften übertragen.
Wie Peter Leissl, Redaktionsleiter von ZDF Sport Extra und Live-Reporter, berichtet, sei der Fernsehsender mit circa 60 Personen für Technik und Redaktion angereist. Den letzten Kabelträger miteingerechnet, handle es sich um eine Zahl im hohen zweistelligen Bereich. Dies erscheint viel. Doch Leissl erklärt, dies liege an der Komplexität der Veranstaltung. Leichtathletik sei keine Sportart, bei der sich alles auf ein Feld konzentriere, sondern verschiedene Wettbewerbe liefen parallel ab. Das erhöhe den Aufwand.
Insgesamt sind laut Leissl 19 Kameras im Einsatz, die alle Wettkämpfe aufzeichnen. Am Samstagabend überträgt dann die ARD und Sonntagabend das ZDF jeweils zwischen eineinhalb und zwei Stunden. Ein Teil davon ist live, vor allem die Läufe, ansonsten werden die wichtigsten Bilder des Tages zwischendurch eingespielt. Dies erfordere eine genaue Absprache und ein sehr gutes Konzept der Regisseure sowie eine enge Verzahnung mit den Mitarbeitern der Technik, sagt Thomas Forcher-Berton, technischer Leiter beim ZDF. Toningenieur Heiko Bulirsch fügt hinzu: „Die Schwierigkeit liegt darin, dass nicht wir das Programm bestimmen, sondern der Sport. Wenn etwas passiert, müssen wir sofort reagieren.“
Doch Techniker und Redakteure sind nicht die einzigen, bei denen die Vorbereitungen auf Hochtouren laufen. Auf dem Rasen und auf der roten Laufbahn tummeln sich zahlreiche Helfer. Die Hochsprunganlage muss beispielsweise noch aufgebaut werden. Ernst Loritz, seine Frau Ursula und ein paar andere versuchen eine vier mal sechs Meter große Schaumstoff-Matratze in den dafür vorgesehenen Gummi-Bezug zu quetschen. „Wir haben es am Donnerstag schon dreimal versucht, aber es hat immer angefangen zu regnen“, erzählt Loritz. Sie gehören zu den rund 200 Ehrenamtlichen, die beim Aufbau helfen und bei der Meisterschaft als Kampfrichter tätig sein werden. Die meisten Arbeiten seien schon erledigt, berichtet Dieter Locher vom Württembergischen Leichtathletik-Verband. Die weiße Linierung auf der roten Kunststoffbahn sei schon vor Wochen erneuert worden. Jetzt blieben nur doch die Feinheiten.
Um viele dieser „Gruschdarbeiten“, wie sie ihre Aufgaben selbst nennt, kümmert sich Elle Freudenberger. Die inzwischen 85-jährige Ulmerin hat 1946 nach dem Krieg als Mehrkämpferin beim SSV ULm 1846 angefangen. Sie sei eine der ersten Frauen überhaupt gewesen, die 1952 die 800 Meter laufen durfte, erzählt sie stolz. Fünf mal sei sie während ihrer aktiven Karriere bei den Deutschen Meisterschaften im Endlauf gewesen. Seit 1970 widmet sie sich organisatorischen Aufgaben, zum Beispiel als langjährige Vizepräsidentin des Württembergischen Leichtathletik-Verbands und Sportwartin beim Süddeutschen Leichtathletik-Verband. Dieses Wochenende ist sie in Ulm die „Springerin vom Dienst“. „Ich weiß, was läuft und habe den Überblick.“ Außerdem leite sie Informationen weiter und kümmere sie sich darum, dass nach den Wettkämpfen die Ergebnisse der Sportler angeschlagen werden. „Für mich ist es selbstverständlich, dass ich das alles noch mache. Ich lebe alleine und wenn ich jeden Tag mit jungen Leuten zusammenkomme, die mich akzeptieren, dann macht das einfach Spaß.“
Gastronomie und Hotellerie können sich ebenfalls freuen, dass die deutschen Meisterschaften in Ulm stattfinden. Wolfgang Dieterich, Geschäftsführer von Ulm Neu-Ulm Touristik, sagt:„Wir haben in Ulm und Neu-Ulm circa 4500 Betten. So gut wie alles von der einfachen Pension bis zum Luxushotel ist ausgebucht.“ Hinzu kommt, dass viele dieser Hotels laut Dieterich kein richtiges Restaurant haben, weshalb die Gäste am Abend in der Stadt essen müssen, was zusätzlich für Umsatz sorgt.
250000 Euro kostet die Stadt das sportliche Spektakel, doch der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner freut sich: „Ich glaube, dass wir in unserem Donaustadion interessante Meisterschaften erleben werden.“
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