Die Schattenseite
Die angekündigte Reduzierung der Einspeisungsvergütung beunruhigt eine ganze Branche. Bayerischer Wirtschaftsverband spricht hingegen von richtigem Signal
Augsburg Was Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) gestern in Berlin als zukunftsweisende Einigung feierten, hat in der Solarbranche zu heftigen, ja zum Teil verbitterten Reaktionen geführt. Passieren die einschneidenden Kürzungen für Solarförderung, die bereits am 9. März in Kraft treten sollen, den Bundestag, dann fürchten auch Betriebe aus der Region um ihre Zukunft, könnten geplante Großvorhaben ein jähes Ende finden.
Beispiel Rain am Lech im Landkreis Donau-Ries. Erst aus der Vogelperspektive erschließt sich die Dimension des Solarprojekts Gärtnersiedlung. Bis zum Horizont sind die Dächer der gewaltigen Hallen mit Solarmodulen bestückt. Aber es gibt auch noch große Lücken. Ob sie geschlossen werden, daran zweifelt der Geschäftsführer der Gärtnersiedlung Rain GmbH, Stefan Glöde, seit gestern massiv. Denn der Gesamtplan für die Anlage, der im Juni 2011 entwickelt wurde, sah vor, die dort ansässigen sieben Gärtnerbetriebe mit Solarmodulen zu bestücken. Für die Umrüstung waren rund drei Millionen Euro vorgesehen. 1,6 Millionen sind bereits investiert worden, vier Betriebe verfügen über eine funktionsfähige Anlage. Der erste Abschnitt ging Ende 2011 in Betrieb. Damit ist die zum Zeitpunkt der Fertigstellung garantierte Einspeisevergütung für die nächsten 20 Jahre gesichert. „Im zweiten Halbjahr 2012 hätte die gesamte Anlage Strom liefern können“, sagt Glöde unserer Zeitung. Sie wäre damit die größte ihrer Art in Deutschland gewesen, so der Geschäftsführer.
Doch ob auch die übrigen drei Betriebe mit Modulen bestückt werden, steht nun in den Sternen: „Nachdem die Fördersätze bereits zum Jahreswechsel um 15 Prozent gesenkt wurden, wäre das Projekt bei einer weiteren Reduzierung der Einspeisungsvergütung kaum noch rentabel.“ Die Verantwortung liegt für Glöde bei der Politik: „Die Planungssicherheit für solche Vorhaben ist damit endgültig gleich null.“
Ausnahmezustand herrscht seit dem frühen Donnerstagmorgen bei Solar Heisse in Landsberg am Lech. „Seit 8 Uhr steht das Telefon nicht mehr still, jagt eine Krisensitzung die nächste“, beschreibt Wilhelm Heisse die Situation in seiner Firma. Entsetzte Anrufer, die sich von Heisse eine Solaranlage planen und auf das Dach ihres Privathauses installieren lassen wollten, fürchten um die Rentabilität ihrer zukünftigen Energiequelle. „Das Schlimmste für uns sind die ständig wechselnden Stichtage. Ich nenne sie Panikstichtage“, sagt der Unternehmer. Kurz vor den Fristen müsse alles fertig sein, damit noch die aktuelle Vergütung fließt. „Aber es ist unmöglich, alle Aufträge rechtzeitig und adäquat auszuführen. Die Kunden gehen dann zu Anbietern, die nicht auf Qualität achten. Doch dann ist die Anlage oft nach wenigen Jahren marode.“ Heisse fordert, auf Stichtage zu verzichten. „Es wäre besser, am Anfang des Jahres ein Reduzierungsziel zu formulieren und diese Absenkung auf zwölf Monate zu verteilen.“ Ebenso sehr stört ihn, dass in Zukunft bei kleinen Dachanlagen nur noch 85 Prozent des erzeugten Stroms vergütet werden sollen. Völlig unklar sei auch, ob geschlossene Verträge jetzt weiterhin gültig sind. „Was hat denn die Politik davon, wenn sie eine ganze Branche durch zu schnelle und zu harte Kürzungen abwürgt?“, fragt Heisse.
„Wir sehen auf der einen Seite die Probleme der Solarbranche, müssen aber auch den Wunsch der Unternehmen nach bezahlbarem Strom im Blick haben“, sagt Franz Bihler, bei der IHK Schwaben für Innovation und Umwelt zuständig. Bihler hegt den Verdacht, dass die Kürzungen mit bis zu 30 Prozent zu hoch ausfallen. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Volumen der montierten Anlagen in Deutschland derart sprunghaft angestiegen ist.“ Grundsätzlich sei es richtig, die Vergütung in kürzeren Abständen anzupassen, weil dadurch schneller auf die Marktlage reagiert werden könne. Bihler: „Das Problem ist aber, dass die Politik die Senkung der Solarförderung zu spät eingeleitet hat.“
Positiv auf die geplante Reduzierung der Einspeisungsvergütung reagierte indes die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Dies sei der richtige Weg, um zu verhindern, dass die Energiekosten weiter in die Höhe getrieben werden.
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