Leise Hoffnungen für Syrien
Doch Gipfel bringt keinen Durchbruch
Als alles schon fast vorbei war, bat der Gastgeber noch einmal zu einem Gruppenfoto. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan dirigierte seine Gesprächspartner mit einer Handgeste in die Mitte des Podiums. Dann standen sie plötzlich da, nebeneinander aufgereiht, Hand in Hand, vier Spitzenpolitiker, die sonst mehr durch Zwist als durch Einigkeit verbunden sind: Kreml-Chef Wladimir Putin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Erdogan und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Es sollte eine seltene Geste der Geschlossenheit von diesem Syrien-Gipfel ausgehen.
Die Erwartungen waren gering, am Ende stand immerhin ein gemeinsamer Wille. Bis zum Ende des Jahres, so beschloss es der Gipfel, soll der festgefahrene politische Prozess in Syrien wieder angeschoben werden. Und doch: Sehr zufrieden sei sie, sagte Merkel am Ende, weil „wir dem politischen Prozess ein bestimmtes Momentum, eine bestimmte Beschleunigung geben konnten“. Auf dem Foto lächelt sie sogar leicht, obwohl sie solche gestellten Bilder normalerweise gar nicht mag. Für Merkel war das Treffen in Istanbul eine Premiere. Zum ersten Mal war die Kanzlerin bei einem Gipfel zur Lösung des Syrienkonfliktes dabei. Deutschland hat zwar so viele Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen wie kein anderes europäisches Land. Bei der Konfliktlösung spielten Merkel und ihr Außenminister allerdings bisher nur eine kleine Nebenrolle. Darum kümmerten sich die Länder, die auch militärisch involviert sind: Russland, die Türkei, der Iran, die USA und in geringerem Maße Großbritannien und Frankreich. Dass Merkel nun mit am Tisch sitzt, dürfte auch damit zu tun haben, dass Deutschland als stärkste europäische Wirtschaftsmacht in der Nachkriegszeit beim Wiederaufbau gebraucht wird. Russland jedenfalls hätte gerne deutsche Hilfe für Syrien. In Istanbul spielte das allerdings noch keine Rolle. Zu weit ist eine politische Konfliktlösung noch entfernt. Immerhin hat sich die militärische Lage in Syrien deutlich beruhigt. Die Waffenruhe in der letzten großen Rebellenhochburg um die Stadt Idlib im Nordwesten des Landes ist fragil, aber sie hält weitestgehend. Die von Russland als Partner der Regierung und von der Türkei als Unterstützer der Rebellen errichtete entmilitarisierte Pufferzone dort wirkt bisher.
Die vier Spitzenpolitiker wollen diese Gelegenheit nutzen, um mit dem Verfassungskomitee den politischen Prozess wieder in Gang zu bringen. Am Ende sollen freie Wahlen stehen. „Syrien muss ein Land sein, das wieder Heimat für alle Menschen ist“, sagte Merkel. Sie weiß: Nur mit einer politischen Lösung für den seit 2011 tobenden Konflikt besteht die Chance, Flüchtlinge zurückzuschicken.
Auffällig war in Istanbul, wie sehr Putin – treuer Verbündeter des syrischen Machthabers Baschar al-Assad – die Führung in Damaskus in die Pflicht nahm. Das Verfassungskomitee sollte von allen syrischen Parteien als legitim anerkannt und genutzt werden, erklärte der Kreml-Chef. Er rufe die syrische Regierung immer dazu auf, konstruktive Gespräche zu führen.
Jan Kuhlmann und Michael Fischer, dpa
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