Umfrage ist Alarmsignal für Regierung von Angela Merkel
Kanzlerin Angela Merkel stürzt im ARD-Deutschlandtrend ab, viele Deutsche halten die Regierung nicht für handlungsfähig. Neue Umfrageergebnisse sind alarmierend. Ein Kommentar.
Umfragen sind das Salz in der Suppe der Politik. Obwohl die Institute häufig daneben- liegen, kann sich ihren Zahlen kein Politiker entziehen – auch die Bundeskanzlerin nicht. Dazu ist die Momentaufnahme, die die ARD gerade in ihrem Deutschlandtrend veröffentlicht hat, zu dramatisch.
Wenn acht von zehn Befragten den Eindruck haben, dass die Regierung die Lage nicht mehr im Griff hat, gibt irgendwann auch das solideste Fundament nach. Die immer gleichen Appelle, nach denen das Flüchtlingsproblem nur in einem gemeinsamen Kraftakt aller europäischen Länder zu lösen ist, haben ihre beschwichtigende Kraft schon früh verloren und sich ins Gegenteil verkehrt. Je länger Angela Merkels europäische Lösung auf sich warten lässt, umso rasanter fallen die Zustimmungswerte für die Kanzlerin und ihre Koalition. Selbst zwei von drei Anhängern der Union halten die Regierung für überfordert – eine bislang beispiellose Erosion an Vertrauen.
Würde am Sonntag ein neuer Bundestag gewählt, könnten die beiden C-Parteien und die Sozialdemokraten zwar wieder auf eine komfortable Mehrheit bauen – in diesem Bundestag aber säße dann auch eine Partei wie die Alternative für Deutschland, die mit ihren plumpen rechtspopulistischen Parolen etablierte Kräfte wie die FDP, die Grünen und die Linken längst überholt hat.
Sie sammelt keineswegs nur die üblichen Verdächtigen ein, die strammen Rechten und die notorischen Nörgler, sondern hat ihre Fühler schon weit ins bürgerliche Milieu hinein ausgestreckt. In ein Milieu, in dem Angela Merkel bis vor wenigen Monaten noch die Quoten-Queen war – die Frau, mit der es keiner aufnehmen kann.
Angela Merkel im ARD-Deutschlandtrend abgestürzt
Inzwischen liegen ihre Popularitätswerte deutlich unter denen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier und nur noch einen Wimpernschlag vor denen von Sigmar Gabriel und Horst Seehofer. Auch einer machtbewussten Regentin wie Angela Merkel, die wenig auf Umfragen gibt, muss das zu denken geben. Unter dem Druck der Ereignisse verliert ja vor allem ihre eigene Partei, die CDU, gewaltig an Bindungskraft. Träte ihr Kritiker Seehofer mit seiner deutlich restriktiveren CSU bei der nächsten Bundestagswahl in ganz Deutschland an, dürfte er nach einer neuen Prognose mit bis zu 19 Prozent der Stimmen rechnen und läge damit fast gleichauf mit der Schwesterpartei.
Dazu wird es natürlich nicht kommen, das kleine demoskopische Experiment aber zeigt, auf welch schmalem Grat die Kanzlerin gerade balanciert: Aus ihrem Amtsbonus droht ein Amtsmalus zu werden, wenn sie ihr Versprechen nicht bald einlöst, die Zahl der Flüchtlinge signifikant zu senken. Daran, vor allem, wird sie bei der nächsten Bundestagswahl gemessen werden, sofern sie bis dahin durchhält – und bei den drei Landtagswahlen im März sowieso.
Starke AfD setzt CDU, SPD und andere Parteien unter Druck
Schon jetzt sind die Verwerfungen im Parteiengefüge größer, als viele Koalitionäre es wahrhaben wollen. Das Erstarken der AfD erhöht ja nicht nur den Druck auf die Regierung, ihre Politik der offenen Grenzen zu korrigieren – es zementiert auch die Verhältnisse, weil sich Union und SPD in vielen Parlamenten mangels strategischer Alternativen nun wie selbstverständlich zu Großen Koalitionen verbünden werden. Bei Werten von zwölf Prozent und mehr für die Rechtspopulisten sind schwarz-grüne oder rot-rot-grüne Bündnisse häufig nicht einmal rein rechnerisch eine Option – Politik aber lebt vom Wettbewerb, vom Wechsel und vom Willen, etwas zu verändern.
In Großen Koalitionen ist dieser Wille naturgemäß eher schwach ausgeprägt. Dabei erwarten die Menschen im Moment genau das von ihrer Regierung: dass sich etwas verändert in Deutschland.
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