So verlief der Wahlabend vorm Fernsehgerät
Um Punkt 18 Uhr bebte Bayern und sofort muss manches auf den Prüfstand. Unser Redakteur hat sich angesehen, wie die Sender über die Landtagswahl berichteten.
Für das BR Fernsehen, das als erster großer Sender seinen Wahlberichterstattungs-Marathon am Sonntag bereits um 17.15 Uhr beginnt, „liegt was in der Luft“. Um diese Zeit ist allerdings offenbar nicht ganz klar, was. Und so fragt Moderator Stefan Scheider um 17.21 Uhr bei einer Schalte nach Augsburg: „Was liegt denn bei euch so in der Luft?“ Um 17.27 Uhr wiederholt er die Frage. Ein „politisches Erdbeben“, ist natürlich die einzig denkbare TV-Wahlberichterstattungs-Antwort. Sie kommt pünktlich zur ersten Prognose im Ersten von Jörg Schönenborn, dem Mann der Zahlen in der ARD. Der spricht um 18 Uhr von einem „politischen Erdbeben in Bayern“.
Titanic-Satiriker Moritz Hürtgen hatte am Vormittag Journalisten via Twitter „ein paar gute Formulierungen“ empfohlen: „Bayernbeben“, „freier Fall im Freistaat“, „der CSUntergang“. Das Beben und der freie Fall sind schon in den ersten Minuten nach 18 Uhr zu hören. Bis 18.12 Uhr sind die anderen TV-Wahlberichterstattungs-Floskeln gefallen: Prüfstand, Vertrauen, Konsequenzen, Signal.
Moderatoren, Reporter, Politiker blühen richtig auf im Polit-Phrasendreschen. Oder wie es Stefan Scheider formulierte, als er eine knappe Stunde zuvor Zuschauern das Netz der über Bayern verteilten BR-Teams ans Herz legte: „Wir haben ein Netzwerk gestrickt, das bringen wir zum Blühen.“
Um die Ergebnisse der Landtagswahl und ihre Folgen geht es auch in unserem Podcast: Jetzt reinhören!
Bitterböser Humor im TV-Programm zur Landtagswahl?
Eher ums Verblühen geht es gegen 18.45 Uhr im Nachrichtensender n-tv . Das Interview mit SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen gleicht einer Gesprächstherapie. Die Moderatorin fragt: „Wie bitter ist das für Sie?“. Oder: „Was löst das in Ihnen aus?“ Am Ende wünscht sie Kohnen „Alles Gute!“. Ab 20.15 Uhr zeigt n-tv dann die australisch-tschechische Doku-Reihe „Schicksalhafte Katastrophen“ über Vulkane, Erdbeben, Mega-Winde, die im Originaltitel „Desperate Hours“ heißt. Verzweifelte Stunden.
Aber nicht nur bei n-tv scheinen Programmplaner mit bitterbösem Humor zu arbeiten: Vox sendet um 18.15 Uhr „Ab in die Ruine!“. Auch bundespolitisch bröckelt so einiges, glaubt man Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke. Im öffentlich-rechtlichen Ereigniskanal Phoenix sagt er das baldige politische Ende von gleich drei Parteichefs voraus: Horst Seehofer (CSU), Andrea Nahles (SPD) und Angela Merkel (CDU). Kurze Zeit später, um 19.30 Uhr, beendet das ZDF seine Wahlberichterstattungs-Sondersendungen und stellt in „Terra X“ den Kriminalpolizisten Ernst Gennat vor, der als erster Fallanalytiker des Landes, neudeutsch Profiler, gilt und gerade im ARD-Zwanziger-Jahre-Epos „Babylon Berlin“ eine Rolle spielt. Bis tief in die Nacht analysieren die Profiler des Politikbetriebs noch die Landtagswahl. Mancher fragt, fast enttäuscht, ob es denn keine Rücktritte gebe? CSU-Kenner Professor Heinrich Oberreuter sagt schon zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale: eher nicht. Aber wer weiß – vielleicht liegt ja was in der Luft?
Mehr zur Landtagswahl 2018:
- Neuigkeiten zur Landtagswahl in Bayern lesen Sie in unserem News-Blog.
- Das Ergebnis und Hochrechnungen für ganz Bayern finden Sie hier, sobald sie vorliegen.
- Hier geben wir eine Übersicht über die Wahlsendungen am 14. Oktober.
- Alle Stimmkreis-Ergebnisse für den Wahlkreis Schwaben finden Sie hier.
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