Politiker wollen keine EM-Spiele in der Ukraine
Die Diskussion um den Umgang mit Julia Timoschenko spitzt sich zu: Deutsche Politiker fordern einen Totalboykott der Fußball-EM. Finden die Spiele in Deutschland statt?
Im deutschen Regierungslager mehren sich die Stimmen für einen Totalboykott der Ukraine als Austragungsort der Fußball-Europameisterschaft. Die menschenrechtspolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion,Erika Steinbach, forderte aus Protest gegen die Inhaftierung der ukrainischen Oppositionsführerin Julia Timoschenko den europäischen Fußballverband Uefa auf, keine Spiele in der Ukraine zu veranstalten.
Fußball-EM: Bereits vor einem Jahr wurde ein Krisenszenario entwickelt
„Eine Verlegung der Spiele von der Ukraine nach Polen, Österreich oder Deutschland wäre das richtige politische Signal an die undemokratische Regierung in Kiew“, sagte Steinbach in einem Zeitungsinterview. „Das würde den größten Druck erzeugen.“ Ähnlich äußerte sich FDP-Generalsekretär Patrick Döring: „Sollte es Alternativen zu den Spielstätten in der Ukraine in Polen geben, muss man diese ernsthaft und schnell überprüfen.“
Angeheizt wurde die Debatte durch die Gewerkschaft der Polizei. GdP-Chef Bernhard Witthaut sprach davon, dass es bei den Bundesbehörden Alternativpläne gebe, wonach Deutschland als Ersatzaustragungsort infrage kommen könnte: „Bereits vor mehr als einem Jahr haben sich Vertreter von Uefa, DFB und Bundesinnenministerium an einen Tisch gesetzt, um ein Krisen-szenario zu entwickeln“, sagte Witthaut.
Fußball-EM: DFB schließt Deutschland als Austragungsort aus
Der europäische Fußballverband Uefa erteilte jedoch allen Forderungen nach einer Verlegung der EM-Spiele eine klare Absage. Auch der Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Wolfgang Niersbach, schloss eine kurzfristige Verlegung von Spielen der EM zum Beispiel nach Deutschland kategorisch aus. „Mit dem Gedanken beschäftigen wir uns keine Sekunde“, sagte Niersbach. „Die Menschen in der Ukraine haben diese Europameisterschaft verdient.“ Auch Uefa-Turnierdirektor Martin Kallen schloss eine Veränderung des Spielplans kategorisch aus: „Das bekäme man in so kurzer Zeit nicht hin.“
Julia Timoschenko offenbar durch Hungerstreik stark geschwächt
Die frühere Regierungschefin und Widersacherin von Präsident Viktor Janukowitsch, die unter einem chronischen Bandscheibenvorfall leidet, befindet sich seit dreizehn Tagen im Hungerstreik. Timoschenkos Tochter Jewgenia sagte, ihre Mutter sei „sehr geschwächt“; ihr gesundheitlicher Zustand verschlechtere sich. Die Ex-Regierungschefin verbüßt eine siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs.
Timoschenko: neuer Prozess wegen Korruption
Zudem wurde gegen sie ein neuer Prozess wegen Korruption eröffnet, der ihre Haft bis ins Jahr 2023 verlängern könnte. Die EU kritisiert Timoschenkos Inhaftierung als politisch motiviert. Gestern kündigte auch EU-Kommissionschef José Manuel Barroso an, nicht zur Fußball-EM in die Ukraine zu reisen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel erwägt, dass sie und alle Bundesminister den Spielen fernbleiben. AZ
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