Panthern droht der Knock-out
Schanzer kassieren am Mittwochabend im ersten Pre-Play-off-Spiel gegen Bremerhaven eine 1:4-Pleite. Bei einer weiteren Niederlage am Freitag wäre die Saison vorbei
Dem ERC Ingolstadt droht in der DEL-Saison 2016/2017 der sportliche „Knock-out“. Gestern Abend mussten sich die Panther im ersten Pre-Play-off-Spiel gegen die Fischtown Pinguins Bremerhaven nach einer über weite Strecken indiskutablen Leistung mit 1:4 (1:1, 0:2, 0:1) geschlagen geben. Bei einer weiteren Niederlage am Freitag (19.30 Uhr) in Bremerhaven wäre das vorzeitige Saison-Aus besiegelt.
Bevor die beiden Unparteiischen Stephan Bauer und Gordon Schukies diese Partie eröffneten, wurde es in der Saturn-Arena derart still, dass man eine Stecknadel fallen hätte hören können. Und das aus einem traurigen Grund: Gestern Mittag starb Panther-“Edelfan“ Rudi Iselin im Alter von 47 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls. Berühmt wurde „Rassel-Rudi“ (so sein Spitzname, da er immer mit einer Rassel in der Fankurve stand) vor allem durch seine unzähligen Erfolge gegen ERCI-Profis beim Maßkrugstemmen (Saisoneröffnungsfeier). „Wenn Rudi heute da wäre, dann würde er sagen: Lasst uns alles für die Panther geben, damit wir in den Play-offs erfolgreich sein. Und genau sollten wir ihm zu Ehren auch tun“, sagte Stadionsprecher Hannes Langer nach der Schweigeminute.
Nicht nur die Panther-Anhänger hielten sich an diesen Appell – auch die Mannschaft (Benedikt Kohl, Petr Pohl und Thomas Pielmeier saßen „überzählig“ auf der Tribüne) schien ihren Teil auf dem Eis beitragen zu wollen. Obwohl die Schützlinge von Cheftrainer Tommy Samuelsson in der sechsten Minute ein 40-sekündiges 5:3-Überzahlspiel ohne echte Torchance verstreichen ließen, schlugen sie in der zehnten Minute zu: Nach einem schönen Zuspiel von Thomas Greilinger überraschte David Elsner Pinguins-Schlussmann Gerald Kuhn mit einem platzierten Schuss ins „kurze Eck“ – 1:0!
Ein Treffer, der den Schanzern eigentlich in die Karten hätte spielen sollen und müssen. Aber anstatt das Geschehen auf dem Eis weiter in die eigene Hand zu nehmen und die zuletzt so anfällige Hintermannschaft der Gäste zu beschäftigen, wurden die Panther von Minute zu Minute passiver und überließen den Norddeutschen die Initiative. Die fast schon logische Konsequenz: Nachdem man ein Unterzahlspiel noch unbeschadet überstanden hatte, schlug es exakt 30 Sekunden vor der ersten Drittelpause doch noch hinter Schlussmann Timo Pielmeier ein. Jeremy Welsh traf mit einem Schlagschuss zum 1:1-Ausgleich.
„Wichtig wird es sein, dass wir unseren Gameplan während der gesamten Partie durchziehen. Machen wir das, sind wir erfolgreich. Wenn nicht, bekommen wird Probleme“, hatte Verteidiger Dustin Friesen im Vorfeld erklärt. Und der Ex-Bremerhavener sollte gänzlich recht behalten. Sein Team begann erneut druckvoll und drängte auf die abermalige Führung, was Gäste-Coach Thomas Popiesch in der 28. Minute zu einer Auszeit zwang.
Eine aus Bremerhavener Sicht goldrichtige und letztlich auch richtungsweisende Entscheidung. Denn je länger dieses Match im zweiten Abschnitt dauerte, um so mehr entfernten sich die Oberbayern von ihrem Spielplan. Darüber hinaus leisteten sie sich vor allem in der eigenen Zone, im Spielaufbau sowie der Rückwärtsbewegung (insbesondere das junge Verteidiger-Duo Fabio Wagner und Simon Schütz musste reichlich Lehrgeld bezahlen) immer wieder Fehler. Diese nahmen die solide und schnörkellos agierenden Gäste dankend an und schossen durch Jordan George (30.) und erneut Welsh (32.) eine verdiente 3:1-Führung heraus, die im Anschluss sogar noch deutlicher hätte ausfallen können. So traf Mike Moore nur den linken Pfosten des ERCI-Gehäuses (40.). Den einzigen „Erfolg“ im zweiten Abschnitt aus Ingolstädter Sicht feierte Brett Bulmer, der seinen Faustkampf gegen Wade Bergman gewann (31.).
Wer auf die große Aufholjagd der Panther im Schlussdrittel gehofft hatte, wurde bitter enttäuscht. Zwar war ihnen das Bemühen durchaus anzusehen. Aber letztlich fehlte schlichtweg die Qualität, um die konzentriert verteidigenden Gäste nochmals in Bedrängnis zu bringen. Bezeichnend: Goalie Kuhn musste in den letzten 20 Minuten keine einzige (!) gute Chance der harmlosen Schanzer zunichte machen. Den Schlusspunkt setzte vielmehr Bremerhaven durch Torjäger Jack Combs mit seinem Treffer ins verlassene ERCI-Gehäuse zum 4:1-Endstand (59.).
ERC Ingolstadt: Ti. Pielmeier – Friesen, McNeill; Köppchen, Salcido; Schütz, Wagner; Schopper – Irmen, Buck, Laliberte; Greilinger, Taticek, Elsner; Svensson, Buchwieser, Oppenheimer; Bulmer, Boyce, Jacques. – Tore: 1:0 Elsner (10.), 1:1 Welsh (20.), 1:2 George (30.), 1:3 Welsh (32./4-4), 1:4 Combs (59./EN). – Zuschauer: 3708.
STIMMEN ZUM SPIEL
Tommy Samuelsson (Trainer ERCI): „Nach dem 1:0 hatten wir Kontrolle über das Spiel und haben gut verteidigt. Das zweite Drittel tut weh. Wir haben phasenweise offensiv Druck gemacht, hatten aber zu wenig Abschlüsse. Nach dem 2:1 ging das Momentum an Bremerhaven. Von uns hätte im letzten Drittel mehr kommen müssen. Wir wollten zu kreativ sein. Thomas Greilinger war in den letzten acht Minuten nicht mehr auf dem Eis, weil wir in solch einer Situation mit einem kurzen Kader spielen müssen. Es gibt auch andere, die Tore schießen können.“
Thomas Popiesch (Trainer REV): „Es war eine sehr gute Mannschaftsleistung. Wir sind gut reingekommen, haben viele Sachen richtig gemacht und kritische Situationen überstanden. Ingolstadt hat anfangs gut gespielt, aber wir haben mit Mann und Maus verteidigt und gerade im zweiten Drittel unsere Möglichkeiten konsequent genutzt. Zur Auszeit: Der Wechsel war sehr lang, der Druck wurde immer größer. Das war eine kritische Situation für uns. Die Spieler brauchten eine Pause. Es war wichtig, dass wir in dieser Situation eine Antwort hatten. In den letzten 20 Minuten sind wir dann kompakt gestanden.“
Danny Irmen (Stürmer ERCI): „Wir haben anfangs dominiert, aber zu wenig aufs Tor gebracht. Man muss Bremerhaven Respekt zollen, sie sind vor allem defensiv gut und können den Gegner frustrieren. Nach der Auszeit und dem Führungstreffer hatten sie das Momentum. Am Ende hat Bremerhaven getroffen, wir nicht. Aber wir spielen am besten, wenn wir mit dem Rücken zur Wand stehen. Wir werden alles geben, um am Sonntag heimzukehren.“
Timo Pielmeier (Torhüter ERCI): „Wir wollten die Scheibe wieder mit dem Kochlöffel ins Tor tragen und haben verdient verloren. In den Play-offs gewinnst du nicht mit ’Schönspielen’. Bremerhaven hat uns gezeigt, wie man solche Partien gewinnt. Sie haben einfach gespielt, die Scheibe hoch zum Verteidiger gebracht und aufs Tor geschossen. Genau so haben wir letztes Jahr gegen Straubing verloren. Wir müssen uns zusammensetzen und alles anders machen. So wie heute kommen wir nicht weit.“
Fabio Wagner (Verteidiger ERCI): „Wir haben gut angefangen, im zweiten Abschnitt aber zu sehr abgebaut und Bremerhaven ins Spiel kommen lassen. Im dritten Drittel war es schwer, noch einmal zurückzukommen. Wir müssen am Freitag von Anfang an bereit sein, mehr Pucks zum Tor bringen, mehr nachgehen und weniger Konter zulassen.“ (aufgezeichnet von Fabian Huber)
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