Großartige Schauspielkunst, seichte Geschichte
Simone Mutschler nimmt Beziehungskrisen aufs Korn
Ein ausgelassener Kampf der Kulturen fand diesmal inmitten des Stadtberger Bürgersaals statt: „Männer und andere Irrtümer“ hieß das Solo-Theaterstück von Simone Mutschler, in welchem die Bühnenkünstlerin höchstpersönlich in die unterschiedlichsten Figuren und Charaktere schlüpfte. Der verheiratete Schwerenöter wurde von ihr ebenso verkörpert wie die betrogene Ehegattin und die vielen anderen guten und bösen Geister, die in der Beziehungsgeschichte eine Rolle spielten.
Dieser multiple Bühnenmonolog wurde durchgehend souverän gesprochen, mit professionellen Schauspieltechniken in Szene gesetzt und auf respektable Weise fast ohne Atemzug ganze zwei Stunden lang durchgehalten.
Nachdenkliche Reflexionen trafen auf schrille Blödeleien, und die verbalen Umschreibungen der Charaktere entbehrten nicht einer gewissen tiefergehenden Raffinesse, wie etwa „die intellektuelle Schnapsdrossel, die ständig von der Quantenphysik erzählt“.
Dennoch wussten viele Besucher nicht, was sie letztendlich von dieser One-Woman-Show halten sollten, wie es in den Pausengesprächen an verschiedenen Stellen zu hören war. Manchen schien auch nicht ganz klar geworden zu sein, ob es sich hier nun um ein humoristisches Kabarett oder eine hintergründige Betrachtung klischeeverklebter Alltagssituationen handle. Und in der Tat klang alles ein wenig nach nächtelang auswendig gelerntem Vorsprechen bei einer Schauspielschule.
Im Grunde genommen wäre dies nichts Verkehrtes, doch dadurch litten auch die in Szene gesetzten Charaktere, die weder von der Komödiantin innerlich verankert wurden noch zum Publikum eine glaubhafte Beziehung aufbauten. Festgefahrene Klischees erfuhren minütlich ihre „Bestätigung“, normale Alltagssituationen dagegen wurden als Absurditäten ins Unermessliche gesteigert. Aber wem das Seifenoper-Schema „Frau wäscht, Mann säuft, Topmodel steht auf Saufmann usw.“ gefällt, kam hier auf alle Fälle auf seine Kosten.
Die Schauspielkunst an sich war von versierter Qualität, doch der Inhalt war gut und gerne 30 Jahre überholt. Ein einziges Mal wurden aber schließlich doch noch echte Gefühle ins Publikum transportiert – dank der eingespielten Filmmusik aus dem Eis- und Herzensbrecher „Titanic“ von James Cameron. Letztendlich aber schien für Simone Mutschler jegliche Art von zwischenmenschlicher Beziehung von vornherein standardisiert zu sein: „Frauen haben Gefühle, Männer sind Schweine, und Omas sind eh alle taub.“ Aber vielleicht ist dies gemäß dem Programmtitel ebenso ein Irrtum wie das männliche Geschlecht an sich eben auch. (hath)
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