Leben in der Kultur(straße)
Vor zwei Jahren zog unsere Autorin an diese Adresse. Erst war alles anders als gedacht, doch mittlerweile genießt sie die Vorteile
Mein Telefon klingelt. Es ist ein Freund, den ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Er war auf Reisen. Wir verabreden uns für den Abend zum Kochen bei mir, ich will einen Bericht hören über seine Erfahrungen. „Äh, wie genau heißt noch mal die Straße, in der du wohnst?“, fragt er. „Kulturstraße“, sage ich. Er lacht. „Kulturstraße?“ Das zweite U zieht er lang. „Das passt ja zur Frau Journalistin.“ Es liegt ein wenig Spott in seiner Stimme. Diese Reaktion kenne ich mittlerweile ziemlich gut.
Um ehrlich zu sein, war meine Reaktion damals ähnlich, als mir der Makler am Telefon die Adresse der Wohnung verriet. Vor knapp zwei Jahren war das. Ich dachte: „Kulturstraße, das kann ja nur eine schöne Wohnung sein.“ Denn mit Kultur verbinde ich etwas Schönes: Fotografien in einer Galerie, eine faszinierende Ballettaufführung, das Konzert einer tollen Band oder mitreißende Gedichte auf einem Poetry Slam. An landwirtschaftliche Kulturen oder gar Maulbeerbäume, die der Straße ja ihren Namen gaben, dachte ich jedenfalls nicht. Vielleicht etwas hohe Erwartungen an eine Wohnstraße. Als ich vor dem Haus parkte, war die Ernüchterung spürbar. Von außen erinnerten mich die uniformen, braunen Häuser eher – und das ist jetzt wirklich nicht böse gemeint – an eine Seniorenwohnanlage. Ein prickelndes Kulturerlebnis war auf den ersten Blick nicht in Sicht. Ich folgte dem Makler dennoch zur Wohnung. Und als er die Tür aufsperrte, war ich begeistert. Wohnkultur ist ja auch ein Erlebnis. Dunkelbrauner Holzfußboden, weiße Wände, lichtdurchflutet und: ein Balkon. Wäre ich Künstler, hätte ich meine Traumwohnung so gemalt.
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