
Der neue Toyota Aygo X im Test: Der Kleinwagen ist noch nicht tot

Steht der Kleinwagen vor einem Comeback? Toyota erfindet den Aygo neu – und legt genau das nahe. Ein erster Test.
Schluss mit SUV. Wenn man sich die Spritpreise so ansieht - dann ist es allein deshalb schon Zeit für ein Comeback des guten alten Kleinwagens. Zwar muss man ihn fast schon mit der Lupe suchen, weil er reihenweise von den großen Konzernen aussortiert wird. Zu wenig Rendite, sagen sie. Aber Toyota lässt sich den Mini-Spaß auf vier Rädern nicht nehmen und hat den Kleinsten im Sortiment, den Aygo, neu erfunden.
Der Aygo – das ist der doch der kleine Freche mit dem X-Gesicht. Weil das beim Facelift ein wenig auf der Strecke geblieben ist, hat man das X jetzt in den Namen aufgenommen. Jetzt nennt sich der Aygo eben Cross. Dass das markante Design ein wenig in den Hintergrund getreten ist, heißt aber noch lange nicht, dass der Stadtflitzer seinen Charakter verloren hat. Er ist eher reifer geworden.
Aber keinesfalls langweiliger. Dafür sorgen schon die Zweifarblackierungen. Und da ist ziemlich Pfeffer drin. Denn die Farbkombinationen orientieren sich an Gewürzen. Das ist moderner Lifestyle. Chili, Ingwer, Kardamom und Wacholder - das heißt nichts anderes als Rot, Golden, Gelb und Blau. Uns hat am besten die Goldkombination mit dem schwarzen Dach gefallen. Sieht wertig aus. Gar nicht wie Kleinwagen. Witzig auch, dass die Lackierung sich auf der Innenseite der Türen fortsetzt. Sollen ja nicht nur die Passanten etwas haben von der auffälligen Erscheinung.
Extravagantes Interieur im Toyota Aygo X
Extravagant ist auch das Interieur. Obwohl der Aygo auf der gleichen technischen Plattform wie der größere Yaris gebaut wird und er im Fond deshalb genauso komfortabel ausfällt, sieht er doch ganz anders aus. Das Armaturenbrett hat jedenfalls Charakter. Rechts und links mit den großen kugelförmigen Luftdüsen, in der Mitte wurde der auf Wunsch bis zu neun Zoll große Bildschirm schwunghaft in Szene gesetzt.
Positiv: Das Display verschwindet bündig im Armaturenbrett und wirkt nicht wie ein nachträglich aufgesetztes Tablet. Ohne zu murren akzeptiert das Infotainment-System via Bluetooth sowohl Android Auto als auch Google Car Play. Das allerdings nur in den höherwertigen Ausstattungen, in der Basisversion funktioniert aber immerhin die Kabelanbindung.
Stolz ist man bei Toyota, weil der Aygo nun übersichtlicher ist. Zum einen wurden die A-Säulen verschlankt, außerdem die Sitzposition erhöht. 5,5 Zentimeter mehr – da steigt die Rundumsicht schon um ein Beträchtliches.
Toyota Aygo X Entry: technische Daten
- Hubraum 998 ccm
- Leistung 53 kW, 72 PS
- Drehm. 93 Nm ab 4400/min
- Länge/B./H. 3,70/1,74/1,53
- Leergewicht/Zul. 940/420 kg
- Kofferraum 231 – 829 l
- 0 – 100 km/h 14,9 s
- Spitze 158 km/h
- Normverbrauch 4,7-5,2 l Super
- CO2-Ausstoß 115 - 118 g/km
- Preis ab 15.390 Euro
Hätten sie bei Toyota nur nicht an den Sitzen gespart! Die sind nach längerer Fahrt nämlich ein wenig unbequem. Und das ist schade, denn der Aygo eignet nämlich sonst ziemlich gut für größere Strecken. Weil er gut gedämmt ist, den Straßenlärm weitgehend draußen lässt und vorne ordentlich Raum bietet. Hinten sitzen Kinder oder wenn es sein muss Erwachsene auf Kurzstrecken. Aber immerhin ist der Aygo ein waschechter Viertürer, so dass sich niemand am umgeklappten Fahrersitz vorbeischlängeln muss.
Der Kofferraum des Toyota Aygo X ist relativ groß
Apropos Platz: Einer der Hauptkritikpunkte beim Vorgänger war das Kofferraumvolumen. Weil der neue Aygo jedoch den Yaris-Baukasten benützt und einfach gesprochen das Heck nur ein wenig abrasiert wurde, bietet der kleine Toyota mit 231 Litern relativ viel in dieser Klasse. Wem das zu abstrakt ist: Hinten passen zwei kleine Koffer rein im handelsüblichen Handgepäck-Format für Flugzeug-Kabinen. Wer die Sitze umklappt, der hat schon fast einen Kombi. 829 Liter Volumen, das ist für ein 3,70 Meter langes Auto ziemlich viel.
Klein aber oho! Das trifft beim Toyota Aygo X nicht nur auf Design und Platzverhältnisse zu. Sondern auch auf das Handling. Mit einem Wendekreis von 4,70 Metern im Radius wird es zwar nichts mit dem sprichwörtlichen Powerslide auf einem Bierdeckel, aber auf den meisten Straßen lässt es sich damit in einem Rutsch wenden. Was gerade bei der von großer Konkurrenz beherrschten Parkplatzsuche in der Stadt ein unglaublicher Vorteil sein kann.
Aber auch sonst weist das Aygo-Fahrwerk einen nicht zu verachtenden Spaß-Faktor auf. Durch die Kurven schlängelt sich der Schlingel schon fast wie ein Sportwagen. Erst relativ spät, dafür umso beherzter, greift das Sicherheitssystem in den Kurven ein, wenn aufgrund von zu flotter Geschwindigkeit das Auto über die Vorderachse schieben will.
Selbst der Mini-Motor ist kein Spielverderber
Und selbst der Dreizylinder-Benziner mit 72 PS erweist sich nicht als Spielverderber. Mit Handschaltung lässt sich je nach Drehzahl sogar druckvoll Kraft aufbauen. Wer es auf Spritsparen anlegt, der kommt auch bei flotter Fahrweise mit vier bis fünf Litern aus. Das ist ziemlich genau das, was angegeben wird.
Bestätigt wurden diese Werte bei unseren Testfahrten einmal quer durch den Morgenverkehr von Barcelona und dann in den Hügeln des Penedes.
Abraten können wir an dieser Stelle vom CVT-Automatikgetriebe. Die Abkürzung steht für „Continuously Variable Transmission“. Ältere Semester werden sich an die Variomatic von DAF erinnern. Das Prinzip ist einfach: Vereinfacht gesagt gibt es keine Gänge, wie man sie von herkömmlichen Getrieben her kennt, dafür kann der Motor immer im effizientesten Bereich laufen. Was meist bei höheren Drehzahlen der Fall ist. Dadurch jault der Benziner wie ein alter Wolf mit Liebeskummer. Vor allem beim Beschleunigen hört sich das nervtötend an.
Und weil wir gerade bei akustischen Belästigungen sind: Die piepsigen Rückmeldungen der Bedientasten sind eine echte Zumutung. Vor allem beim Laustärkeregler am Lenkrad stellt sich die Frage. Warum muss die Taste jedes Mal quietschen, wenn man lauter und leiser macht? Schade, denn der Sound der JBL-Boxen ist auch für so ein kleines Auto großes Kino.
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