Magie! Es war pure Magie
Die A-capella-Gruppe „Singer Pur“ mit Chormusik vom Allerfeinsten
„Singer Pur“ – wer Chormusik liebt, und den Klang eines a cappella singenden Ensembles – dem ist diese Gruppe bekannt. Und wer „Singer Pur“, eines der besten deutschen Vokalsolistenensembles, nicht kannte – der Gewinn von drei Echo-Klassik-Preisen in 24 Jahren wäre Grund genug – der konnte dieses Defizit durch einen Konzertbesuch in der Mertinger St.-Martins-Kirche ausgleichen.
Singer Pur sind heute fünf Männer und eine Frau: Claudia Reinhard, Rüdiger Ballhorn, Markus Zapp, Manuel Warwitz (Tenor), Reiner Schneider-Waterberg (Bariton) und Marcus Schmidl (Bass). Und das geht hervorragend gut. Warum? Die Stimmkultur – ein tenorlastiges Ensemble, das dem Sopran einen wichtigen Part einräumt? Tenöre, die als Altus agieren? Das Programm? Die Sprachkultur? Der vokale Klang? Alles dies: besonders das Gegenüber der Außenstimmen: der rotgolden schimmernde Sopran Claudia Reinhards und der samtig sonore Bass von Marcus Schmidl, die ein ausgesprochen geschmeidiges „Mittelfeld“ umrahmen, wobei der Sopran spielerisch leicht über den klar fokussierten Männerstimmen schwebt. Und weil das mitunter wie ein samtiger Streichbass ansprechende Fundament mannigfache „instrumentale“ Qualitäten erkennen lässt. Daraus ergibt sich jener legendäre, organischen, vollkommen homogene Ensembleklang. Jedes einzelne Musikstück im Pro-gramm wird so zum herausragenden Hörerlebnis.
Es war ein magischer Abend, voller Leuchten und Klingen und intellektueller Herausforderung. „Der Geist weht, wo er will - ….“ Im ersten Teil des Programmes sangen „Singer Pur“ Epochen und Weltregionen umspannende Werke von Johann Sebastian Bach („Komm Heiliger Geist“), Salomoni Rossi („Shir hama’alot ledavid“) und Giovanni di Palestrina („Lamed. Matribus suis dixerunt“), der die altjüdischen Lamentationen für die katholische Kirche vertonte, Heinrich Schütz („Wohl denen, die da leben für Gott“) und mehr.
Es waren Lieder, die von tiefster Frömmigkeit Zeugnis ablegten, von tiefster Not, Verzweiflung und Trost sprachen. Besonders eindrucksvolle Momente vermittelten zeitgenössische Kompositionen: das in altchinesischer Sprache gesungene „Written on a rainy night“ von Chen Yi, die Vertonung eines 1200 Jahre alten chinesischen Gedichte, der polyfone Chorsatz „Einmal wandelt Läuten durch mich hin“ von Hans Schanderl, bestechend durch seine kunstvolle Weiterentwicklung einer Figuralmusik, die melodische Linien eindrucksvoll verschränkt, dynamisch wunderbar nuanciert, und der Brite Ivan Moody („Lamentation oft the Virgin“), der mittelhochdeutsche, griechische und kirchenslawische Elemente aus dem Mittelalter zu einer Trinitas vereinigt, zu einem wunderbar stimmungsvollen Stück.
Nach kurzer Pause ein romantisches Intermezzo – Joseph Rheinbergers „Warum toben die Heiden“, und Felix Mendelsohns „Beati mortui“ seien exemplarisch angeführt. Lupenrein intoniert, klar in der Diktion, jede Schattierung mit Freude gesungen. Das Konzert abschließend erklangen die anspruchsvollen Arrangements bekannter Volkslieder und Volksgut gewordener Kompositionen – klang-farbenreich, mit Terzenparallelen ausgeschmückt „Kein schöner Land“ mit dem glaubensfrohen „… Gott mag es lenken, er hat die Gnad“, Johannes Brahms „Erlaube mir, feins Mädchen“ und „Darthulas Grabgesang“ oder Richard Strauss „Traumlicht“ – mit unendlichem Atem, pianissimo verseufzend – ein sängerisches Fest. Aber auch lautmalerisch und kurzweilig, unter anderen, zuletzt „Auf einem Baum ein Kuckuck saß“.
Stehende Ovationen und nicht enden wollender Beifall. Verdientermaßen, denn dieses Konzert versetzte den Zuhörer in andere Dimensionen.
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