Sie schreibt Eltern aus dem Herzen
Die Autorin Heidemarie Brosche stellt ihr neues Buch vor. Die Mutter und Lehrerin hat ganz neue Ansätze, wie Charakterisierungen wie „aggressiv“ oder „langsam“ zu sehen sind
„Mensch, die schreibt mir aus dem Herzen“ oder „Die beschreibt doch mein Kind“ war schon vor der Lesung der Autorin Heidemarie Brosche in der Friedberger Buchhandlung Lesenswert zu hören. Die Mutter dreier erwachsener Söhne erzählte aus ihrem neu erschienenen Buch „Mein Kind ist genau richtig, wie es ist“. Alexandra Behr von der Buchhandlung Lesenswert kündigte sie mit den Worten an: „Sie hat den Zeitgeist erkannt.“ Zu langsam, zu unordentlich, zu sensibel, zu still, zu laut – oft ertappen sich Eltern dabei, ihre Kinder in eine dieser Schubladen zu stecken, begann Brosche, „Mit Betonung auf das Wörtchen „zu“. Dabei verbärgen sich hinter den vermeintlichen Schwächen oft große Stärken, ermutigte die Autorin die Eltern, ihre Kinder so anzunehmen, wie sie sind. „Ich möchte mit diesem Buch zeigen, dass Bemängelungen schaden und den Blick auf die Stärken verstellen können, die in den vermeintlichen Schwächen stecken“, sagte die 62-jährige Lehrerin. Ein ganz klares Weg von der Defizitorientierung.
Heidemarie Brosche ist Autorin zahlreicher Kinder-, Jugend- und Sachbücher und arbeitet als Teilzeit-Lehrkraft an der Schillerschule in Lechhausen. „Als meine drei Söhne geboren wurden, gönnte ich mit Erziehungsurlaub“, erzählte sie. In dieser Zeit begann sie mit dem Schreiben. „Besonders wichtig ist mir, mit Humor, Selbstironie und Augenzwinkern zu schreiben, und so auch Lesemuffel zum Lesen zu verlocken“, plauderte die Mutter dreier Kinder. Und verriet: „Seither versuche ich nicht nur, meine Lehrerinnen- und meine Autorinnentätigkeit unter einen Hut zu bekommen, sondern bemühe mich um Synergieeffekte, so oft es möglich ist.“ Das heißt in ihrem Fall, sie leitet die AG Schreibwerkstatt und die AG Schülerzeitung (Redaktion Mittelschule) an ihrer Schule. In ihrem neuesten Buch ermuntert Brosche Eltern, Zuschreibungen wie „zu faul“ oder „zu langsam“ kritisch zu betrachten und sie mutig anders zu sehen. Schreibt ein Kind in den Augen seiner Lehrerin zum Beispiel zu langsam, könne das heißen, dass es ganz bei sich ist, sehr konzentriert arbeitet und keine Flüchtigkeitsfehler macht. Oder wird ein Kind als zu dominant und aggressiv beschrieben, könne das bedeuten, dass es auch durchsetzungs- und willensstark ist. Erkennen Eltern das Positive dieser Qualitäten, helfe das dem Kind, Selbstbewusstsein und Ichstärke zu entwickeln und sein So-Sein zu akzeptieren. Fallbeispiele bekannter Persönlichkeiten belegen ihre Thesen. Nicht umsonst heißt der Untertitel ihres Buches: „Das Ermutigungsbuch für Eltern“. So lautet auch das erste Kapitel: „Vom einzigartigen Geschenk Kind zur bewerteten Ware“ – ein provokanter Titel. „Ich habe diese Bewertungen und dauernden Vergleiche an mir selbst erlebt“, plauderte Brosche aus ihrer Vergangenheit. „Und ich ertappe mich heute noch manchmal dabei“, gestand sie. Wie in einem Urlaub, den sie mit ihrem Mann ganz ruhig verleben wollte. Als sie dann aber viele andere Gäste beim Nordic Walken, Radfahren oder Schwimmen sah, habe sie Vergleiche angestellt: „Vielleicht sollten wir auch was Aktives tun …“ Dieses ewige Vergleichen bedeute gleichzeitig „ich erfülle die Erwartungen nicht“. Die Erwartungen der Eltern, der Schule, der Umwelt … Eine Besucherin erzählte von anderen Müttern, die spöttisch zu ihr gesagt hätten: „Was, dein Kind läuft noch nicht?“
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