Nervig, aber nützlich: Gewöhnung an Zahnprothese braucht Zeit
Bei den Dritten gilt: Aller Anfang ist schwer. Auch später trägt kaum jemand seine Zahnprothese richtig gerne. Aber: Mit ein paar Tipps kommt man mit dem Zahnersatz besser klar.
Mit den Jahren werden oft auch die Zähne schlechter. Manchmal ist das eigene Gebiss nicht zu retten, und die Betroffenen bekommen eine Zahnprothese. Zwar wird die sogenannte Vollprothese immer seltener. "Heute ist nur noch jeder Achte im Alter zwischen 65 und 74 Jahren zahnlos. Vor zehn Jahren war es noch jeder Vierte", sagt Prof. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. Auch wenn es insgesamt weniger Menschen betrifft: Grund zur Freude sind die Dritten meistens nicht. Aber mit ein paar Tipps lässt sich mit ihnen gut auskommen.
- Die erste Zeit: Wer seine Prothese gerade neu bekommen hat, sollte sie regelmäßig tragen und sich den Umgang wie das Einsetzen und Herausnehmen gut zeigen lassen. "Am Anfang sollte man das Einsetzen der Prothese am besten vor dem Spiegel üben", empfiehlt Oesterreich. "Macht man Fehler dabei, kann man sich auf die Zunge oder Wange beißen." Die Prothese sollte sich beim Sprechen oder Kauen nicht lockern. Das bedarf einer Übungs- und Eingewöhnungsphase, deswegen sollte man sich zu Beginn nicht überfordern: "Eher schrittweise vorgehen und vielleicht nicht gleich einen Apfel essen", rät Oesterreich.
- Geduld haben: An eine Vollprothese gewöhnt man sich nicht von heute auf morgen. "In der Regel hat man ein Vierteljahr damit zu tun", sagt Oesterreich. Bei manchen gehe es schneller, bei manchen dauere es aber ein halbes Jahr. Wichtig ist, dass man die Prothese regelmäßig trägt - so gewöhnt man sich am ehesten daran. Auch das Sprechen kann man üben, zum Beispiel indem man sich selbst die Zeitung vorliest.
- Nicht zögerlich sein: Wenn man Druckstellen von der Prothese bekommt oder Probleme beim Kauen hat, ist Geduld nicht das beste Mittel - im Gegenteil. Dann sollte man auf jeden Fall zum Zahnarzt gehen, sagt Oesterreich. Unter Umständen wird dann die Prothese noch einmal angepasst. Meistens kann der Zahnarzt sofort helfen und man kann die Prothese gleich wieder tragen.
- Regelmäßig pflegen: Zahnersatz braucht genauso viel Pflege wie die echten Zähne - zweimal täglich sollte es schon sein. "Sonst setzen sich Bakterien und Essensreste fest", sagt Dirk Kropp von der Initiative proDente. Auch wenn man keine echten Zähne mehr hat, sollte man halbjährlich zur Kontrolle beim Zahnarzt, sagt Oesterreich. Unter anderem, um die Mundschleimhaut unter der Prothese im Blick zu behalten und auf mögliche Veränderungen des Kiefers zu reagieren. Diese Kontrollen sind auch eine Krebsvorsorgeuntersuchung, sagt Oesterreich.
- Die Prothese reinigen: Die Prothese reinigt man entweder mit einer normalen Zahnbürste oder mit einer speziellen Prothesenbürste. "Die sind teilweise anders geformt, man kommt damit auch an schwierig zu reinigende Stellen", erklärt Kropp. Außerdem sind die Borsten härter. Als Putzmittel ist normale Zahnpasta vergleichsweise teuer und wegen der enthaltenen Putzkörper nicht so geeignet, denn dadurch zerkratzt man die Prothese leicht. Stattdessen kann man handwarmes Wasser und Flüssigseife nehmen, empfiehlt Kropp. Hinterher sollte man den Zahnersatz natürlich gut abspülen. Entkalker, Essig oder Scheuermittel sind für die Reinigung nicht geeignet. Zusätzlich macht es Sinn, die Mundschleimhaut mit einer weichen Zahnbürste zu massieren, sagt Oesterreich. Das entfernt Bakterienbeläge.
- Intensiv-Reinigung mit Tabs: "Tabs ersetzen nicht die normale Reinigung", sagt Kropp. Grundsätzlich seien Prothesenreinigungstabletten aber sinnvoll: "Sie entfernen hartnäckige Belege etwa durch Tee oder Kaffee", sagt Oesterreich. Täglich sollte man sie aber nicht verwenden, eher ein- bis zweimal in der Woche. Dabei sollte man sich an die Anwendungsvorschriften halten: Länger als dort angegeben, sollte der Zahnersatz nicht in dem Reinigungsmittel liegen, denn das kann der Prothese schaden.
- Haftcreme: Eigentlich hält eine gut sitzende Prothese auch ohne Hilfe, sagt Kropp. Nichtsdestotrotz kann man zusätzlich Haftcreme verwenden. "Viel hilft viel" sollte dabei aber nicht das Credo sein. "Ein bis zweimal am Tag vier bis fünf erbsengroße Punkte reichen", sagt Oesterreich. Nach dem Einsetzen sollte die Prothese kurz fest angedrückt werden - so hält sie besser.
- In Gesellschaft: "Der Mund ist hochtabuisiert", sagt Christine Sowinski vom Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA). Wer zum Beispiel bei einer Familienfeier wegen seiner Prothese nicht alles essen kann, sollte das vorsichtig formulieren - ein einfaches "Das ist nichts für mich" reiche. Ob mit den Zähnen alles in Ordnung ist, prüft man am besten regelmäßig im Badezimmer. Sinnvoll sei es auch, einen Taschenspiegel mitzunehmen. Keinesfalls sollte man in Gesellschaft Speisereste aus der Prothese entfernen oder gar die Zähne aus dem Mund nehmen: "Das ist unangenehm für andere." Grundsätzlich sagt aber auch Sowinski: "Es lohnt sich, sich mit der Zahnprothese herumzuärgern. Sie ermöglicht, dass man besser kauen und sich besser artikulieren kann." dpa/AZ
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