Art Garfunkel wird 75: "Singen ist meine Identität"
Als Folkduo Simon & Garfunkel wurden Paul Simon und Art Garfunkel zu Weltstars. Garfunkel war die goldene Stimme des Duos. Jetzt wird er 75 - und tourt weiter durch die Welt.
Ihre Lieder sind Klassiker - ihre Streits auch. Zusammen feiern werden sie sicher nicht - dabei liegen die Geburtstage von Paul Simon und Art Garfunkel gerade einmal drei Wochen auseinander. Mitte Oktober war Simon 75 Jahre alt geworden, am kommenden Samstag, 5. November, zieht Garfunkel nach.
Als Folkduo Simon & Garfunkel hatten die beiden in den 60er und 70er Jahren Welterfolge gefeiert. Simon hatte poetische Texte und Melodien mit Wiedererkennungswert geliefert, Garfunkel seine goldene Stimme beigesteuert. "Es gab damals viele Momente, in denen ich mich kneifen musste wegen meines Glücks", sagte Garfunkel jüngst dem "Guardian". "Ich war mir sicherlich bewusst, dass wir damals Helden waren."
Doch dann zerstritt sich das Duo öffentlich und schlagzeilenträchtig. Trotz einiger Kurzzeit-Versöhnungen näherten sich die beiden Schulfreunde aus dem New Yorker Stadtteil Queens nie wieder so richtig an. "Wir haben unsere Leben gegenseitig bereichert", sagt Garfunkel heute. "Pauls poetischer Stil war so fortgeschritten, so nuanciert. Er hatte eine außergewöhnliche, hoch entwickelte poetische Gabe."
Aber Garfunkel teilt auch ordentlich gegen seinen früheren Bandkollegen aus. Er habe ihm damals in der Schule seine Freundschaft angeboten. "Und diese Geste hat ein Monster erschaffen." Er könne alle Fans verstehen, die sich eine Versöhnung wünschten. "Ich bin auch ein großer Fan von Simon & Garfunkel. Sagt das Paul! Ich will, dass sie es wieder zusammenbekommen. Ihn ihnen steckt noch ein sechstes Album", sagt Garfunkel. "Aber ich sage euch auch, was das Problem ist: Paul Simon schattenboxt gegen Simon & Garfunkel."
Art Garfunkel wird 75: Songs sind Klassiker
Garfunkel spricht inzwischen lieber über andere Themen, aber der Schatten von Paul Simon lässt ihn einfach nicht los. Dafür sind die längst zu Klassikern gewordenen Songs wie "The Sound Of Silence", "The Boxer", "Bridge Over Troubled Water" oder "Homeward Bound" einfach immer noch zu präsent.
Dabei wollte der 1941 in New York als Sohn eines Kleidungsverkäufers geborene Arthur Ira Garfunkel nie Musiker werden. "Ich war immer nur ein schüchterner Intellektueller, der den Rock'n'Roll liebt." Von der Elite-Universität Columbia hat er ein Mathematikdiplom und bis heute veröffentlicht er auf seiner Webseite regelmäßig die Bücher, die er gelesen hat - 2016 unter anderem von Honoré de Balzac, William Shakespeare und Jonathan Franzen.
Der Mann mit dem Wuschelkopf ist gerne exzentrisch. "Das Wort "merkwürdig" passt gut auf mich." Zu Fuß durchquerte er mehrere Kontinente, einen Computer oder ein Handy besitzt er nicht. Als Simon & Garfunkel 1970 das erste Mal auseinanderbrachen, zog er in den US-Bundesstaat Connecticut und wurde Mathelehrer. "Das war eine komische Zeit in meinem Leben", sagt er rückblickend. "Ich habe mit den Schülern über eine Matheaufgabe gesprochen und gefragt, ob jemand eine Frage hat, und sie haben gesagt: "Wie sind die Beatles denn so?""
Garfunkel tourt wie besessen
Solo war Garfunkel, der zum zweiten Mal verheiratet ist und zwei Söhne hat, nie so erfolgreich wie mit Paul Simon. Er spielte in mehreren Hollywood-Filmen mit und hatte einige kleinere Hits wie "Bright Eyes", "I Only Have Eyes For You" und "All I Know". Trotzdem tourt er weiter wie besessen. Bis Mai 2015 ist sein Konzertplan schon ausgebucht - und das obwohl er seit 2010 mit Stimmbandproblemen kämpft. "Ich singe, seit ich fünf bin. Das ist meine Identität. Wenn ich singe, kann ich mir alles erlauben." Christina Horsten, dpa
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