Einst geflüchtet, jetzt Jahrgangsbeste: Brhana Abrham wird Köchin im Feyrer
Vor fünf Jahren floh Brhana Abrham aus Eritrea nach Senden. Im Juli bestand sie ihre Kochprüfung als Beste ihres Jahrgangs. Der Weg war nicht immer leicht.
Als Brhana Abrham vor fünf Jahren vor der Diktatur aus Eritrea floh, wusste sie nicht, was sie in Deutschland erwarten würde. Drei Jahre lang lernte sie im Sendener Restaurant Feyrer von Markus Kreutle das Kochen – und absolvierte die praktische Prüfung als Beste ihres Jahrgangs. Dabei glaubte sie selbst erst nicht daran, die Prüfung zu bestehen.
Feyrer-Inhaber Kreutle wollte Abrhams Talent fördern
Dass sie einmal Köchin sein würde, hatte Abrham nie vor. In ihrem Heimatland konnte sie ihren Beruf nicht selbst wählen und arbeitete als Friseurin. Erst als ihr Flüchtlingsbetreuer sie auf die Idee brachte, probierte sie es aus. Schon während ihrer Probezeit im Restaurant Feyrer habe die heute 29-Jährige gemerkt, wie viel Freude ihr das Kochen bereitet und startete ihre Ausbildung zur Köchin. Zuerst sei es eine große Umstellung gewesen, denn die eritreische und deutsche Küche verbinde kaum etwas, sagt sie. Vor allem in Bezug auf die verwendeten Gewürze.
Vor allem die fehlenden Deutsch-Kenntnisse waren ein Problem für sie. Das zeigte sich auch im Unterricht an der Berufsschule. Nach eineinhalb Jahren Ausbildung stand Abrham darum kurz davor, ihre Lehre abzubrechen. Ihr Chef Markus Kreutle rief daraufhin ihre Lehrerin an: "Brhana hat wirklich Talent. Das muss man fördern." Kreutle half ihr, einen Nachhilfelehrer zu finden, um sich besser auf die Prüfungen vorbereiten zu können.
Aber nicht nur ihre Sprachkenntnisse waren eine Hürde für Abrham. Wegen der Corona-Pandemie fehlte ihr fast ein ganzes Jahr an praktischer Ausbildung. Auch hierbei bekam sie Hilfe von ihrem Arbeitgeber. Das Restaurant Feyrer bot während der Zeit des Lockdowns nur am Wochenende Essen to go an. „Wir kochten einmal in der Woche zusammen und bereiteten alles vor“, sagt Kreutle. Das sei viel weniger Erfahrung als im normalen Betrieb. Trotzdem konnte Abrham ihre Lehre auf diese Weise fortsetzen und sich auf ihre Prüfungen vorbereiten. Ihr Chef half ihr nicht nur in beruflicher Hinsicht, sondern auch dabei, eine Wohnung in Senden zu finden. Zuvor habe sie in Bellenberg gewohnt und musste mit dem Zug pendeln.
Die Corona-Pandemie erschwerte die Kochausbildung
Nach drei Jahren Vorbereitung war es im Juli schließlich so weit. Die praktische Prüfung stand bevor. Die Vorgaben für die praktische Kochprüfung stellte die Schule in Bad Wörishofen. Unter den geforderten Hauptkomponenten waren Forelle und Riesengarnele für die Vorspeise, Lamm als Hauptgang, sowie Milch und Himbeeren für das Dessert. Aus diesen Zutaten mussten die Prüflinge im Laufe von vier Wochen einen Warenkorb mit genauen Mengenangaben zusammenstellen. Das Ziel der praktischen Prüfung war es, innerhalb von knapp fünf Stunden ein Drei-Gänge-Menü für sechs Personen zu kochen.
In ihrer Vorbereitungszeit entschied sich Abrham, mit folgenden Gerichten anzutreten:
Vorspeise: mit Forelle gefülltes Karotten-Täschchen ~ auf der Haut gebratenes Forellenfilet mit gebackener Riesengarnele ~ Dill-Mayonnaise
Hauptgang: Lammrücken unter der Kräuterkruste ~ gebratenes Lammfilet mit Thymiansauce, Ratatouille und Kartoffelgratin
Dessert: Joghurt-Himbeereis in der Hippe mit Pfirsichragout
Als Beste ihres Jahrgangs schloss Abrham ihre praktische Prüfung ab
Nach der fünfstündigen Prüfung bekam sie gleich das Ergebnis: Note 1. Der Theorieteil machte ihr noch mehr zu schaffen. „Vor der Prüfung habe ich zwei Nächte lang nicht geschlafen“, sagt Abrham. Sie sei zu nervös gewesen und befürchtete sogar durchgefallen zu sein. Doch auch diese Angst war unbegründet. Sie bestand mit 71 Punkten, weit entfernt von der Mindestpunktzahl. Kurz vor der Zeugnisvergabe bekam Kreutle einen Anruf von der Schule: "Brhana hat als bester Prüfling die praktische Prüfung abgeschlossen." Gesagt habe er ihr das aber nicht. Es sollte eine Überraschung sein.
Am Tag der Zeugnisvergabe wurde Abrham als Letzte aufgerufen. "Ich dachte schon, die haben mich vergessen", sagt sie. Mit 94 von 100 Punkten kochte sie die beste Prüfung. Im Restaurant Feyrer wird Brhana Abrham weiterhin arbeiten. Sie wurde nach ihrer Ausbildung als Köchin übernommen. Was die Zukunft bringt, wisse sie noch nicht. „Ich möchte noch viel dazulernen“, sagt sie. Besonders dankbar sei sie aber ihrem Chef Markus Kreutle, der sie auf ihrem Weg immer wieder unterstützt habe.
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