Aschenputtel ohne Fee in Bad Wildbad
Bad Wildbad (dpa) - Aufregende Musik, eine stimmige, unaufwendige Inszenierung, Festspiel-Stimmung ohne Stars: "Rossini in Wildbad", das unter Kennern hoch gehandelte Belcanto-Festival, startete am Donnerstagabend mit einem der gelungensten Werke des Meisters der Opera Buffa.
"La Cenerentola", 1817 in Rom mit großem Erfolg uraufgeführt, riss das Premierenpublikum in der frisch renovierten Trinkhalle der baden-württembergischen Stadt zu frenetischem Applaus und lautstarken Bravo-Rufen hin. Vor allem die jungen, noch unbekannten Gesangssolisten begeisterten. Viele von ihnen werden in den nächsten Jahren mit Sicherheit die großen Opernbühnen erobern.
Hinter dem Titel "La Cenerentola" verbirgt sich die gute, alte Geschichte vom Aschenputtel. Bei Gioacchino Rossini (1792-1868) gibt es allerdings keine gute Fee und keine Stiefmutter. Stattdessen ist es der geldgeile Stiefvater Don Magnifico, der seine beiden leiblichen Töchter an den Prinzen bringen will. Dank einer witzigen Intrige, eingefädelt vom Philosophen und Prinzenerzieher Alidoro, darf natürlich die Stieftochter ins Schloss einziehen. Das Textbuch von Jacopo Ferretti strotzt vor Situationskomik und Wortwitz, den das Publikum Dank der geschmeidigen Übertitelung durch den Rossini- Forscher Reto Müller mit Genuss verfolgen kann.
Jochen Schönleber, Festival-Intendant und Regisseur, nutzt die neue, geräumige Bühne in der Trinkhalle: Mithilfe des Choreographen Stefan Haufe setzt er Chor und Solisten in ständige Bewegung und sorgt so für ein hohes komödiantisches Tempo. Stets schrammt die Inszenierung geschmackvoll knapp an der Klamotte vorbei. Das Bühnenbild (Anton Lukas) und die Kostüme (Claudia Möbius) sind ebenso unaufwendig wie farbenfroh. Kai Luczak sorgt mit seiner geschickten Lichtregie für zusätzliche Effekte.
"La Cenerentola" bewegt sich musikalisch in bester "Wildbad- Tradition". Das Orchester "Virtuosi Brunensis" aus Brünn unter Leitung des Rossini-Spezialisten Antonino Fogliani musiziert mit unbekümmerter Frische. Vor allem die Holzbläser (Piccoloflöten, Klarinetten) sorgen für quirlige Akzente. Und Fogliani weiß, wie man eine "Lokomotive" (die für Rossini typische Orchestersteigerung) wirksam in Fahrt bringt: Das Pianissimo genüsslich auskosten, das Tempo strikt beibehalten und erst ganz am Schluss das Fortissimo zünden.
Schönleber hat sein junges Solisten-Ensemble um den erfahrenen Bass-Buffo Bruno Pratico als Don Magnifico geschart. Pratico ist ein Komiker erster Güte, ein ausgebuffter Sänger und verfügt über eine schlagende Bühnenpräsenz. Serena Malfi als Aschenputtel glänzt mit ihrem rasanten Koloratur-Mezzo. Tenor Edgar Ernesto Ramirez gestaltet den edlen Prinzen mit lyrischer Kantilene. Bernhard Hansky (Prinzendiener) und Ugo Rabec (Philosoph) liefern überzeugende Rollenporträts. Isabel Rodriguez Garcia (Sopran) und Svetlana Smolentseva (Alt) sind die herrlich zickigen Töchter des Don Magnifico. Insgesamt ein Ensemble auf Festspielniveau.
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