Der Bodensee als Schicksalsort
Wie die Freiheitsliebe unterdrückter Frauen in Brutalität mündet, zeigen Opern mit berauschender Musik und farbigen Bildern
Am Ende sind sie alle tot: Carmen ertränkt im Bodensee, Beatrice in der Engelsburg hingerichtet und die ermordete Maria streift als Geist durch Buenos Aires. Brutalität gegen Frauen scheint ein Schwerpunkt der Bregenzer Festspiele zu sein. Aufbegehrende Frauen, die sich aus der Unterdrückung befreien wollen und von Freiheit träumen, waren zu allen Zeiten in Gefahr, durch Gewalt in die Knie gezwungen zu werden.
Ihr Drängen, ihr Kämpfen und ihr Leid lässt sich auf Opernbühnen in farbige Bilder, leidenschaftliche Tänze und berauschende Musik umsetzen. Kein Wunder, dass Georges Bizets „Carmen“ auf der von Es Devlin gestalteten Spielkarten-Seebühne, obwohl an 29 Abenden mit je fast 7000 Karten angeboten, zu 90 Prozent gebucht ist und dass es für die beiden Abende mit „Maria de Buenos Aires“ von Astor Piazzolla auf der Bregenzer Werkstattbühne schon vor Festspieleröffnung keine Tickets mehr gibt.
Neben den populären Flamenco- und Tango-Ikonen ist eine Frauenpersönlichkeit Teil des Festspielprogramms, die tatsächlich gelebt hat: Beatrice Cenci muss im Rom des 16. Jahrhunderts Gewalt und Missbrauch durch den eigenen Vater erleiden – während die Kirche die Verbrechen des reichen Patriziers deckt. Vatermord scheint der einzige Ausweg – und stürzt die 22-jährige Beatrice ins Verderben.
Der in Hamburg geborene und 1935 nach London emigrierte jüdische Komponist Berthold Goldschmidt (1903–1996) hat Beatrice Cenci mit seiner gleichnamigen Oper ein Denkmal gesetzt. Deren dreimalige Aufführung (ab 18. Juli, Regie Johannes Erath) führt die Tradition der Raritäten im Festspielhaus fort, die der Vorarlberger Hauptstadt schon länger Anerkennung in der Kulturwelt beschert.
Auch ein Auftragswerk hat die Bregenzer Intendantin Elisabeth Sobotka im Angebot: Der aus Tirol stammende Thomas Larcher komponierte zu „Das Jagdgewehr“ die Musik. Das Libretto, angelehnt an das gleichnamige Buch von Yasushi Inoue, stammt aus der Feder von Friederike Gösweiner. Bei den drei Aufführungen ab 15. August singt Mark Padmore die Hauptrolle des Dichters.
Sobotka, erklärte Opernliebhaberin, arbeitet an einem eigenen Musiktheater-Profil für Bregenz. Dafür lässt sie seit 2015 in einem Opernstudio junge Gesangstalente unter Obhut von Kammersängerin Brigitte Fassbaender Musiktheaterwerke erarbeiten. Diesmal spielt das junge Ensemble ab 13. August viermal „Der Barbier von Sevilla“ im Kornmarkttheater.
Eine umstrittene Figur der Musikgeschichte beleuchtet das Schauspiel „Böhm“ am 25. und 26. Juli. Der aus Graz stammende gefeierte Dirigent Karl Böhm, der sich mit den Nazis arrangierte und so Karriere machte, wird hier als Puppe in Händen von Nikolaus Habjan lebendig.
0043/5574/4076: Das Programm online: www.bregenzerfestspiele.com
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