Glück und Geschick bringen alten Meister in die Heimat
Ein bedeutendes Werk des Malers Bernhard Strigel hängt künftig im Museum in Memmingen - ein Gewinn für die Stadt und die Wissenschaft.
Zugegeben: Auf den ersten Blick wirken „Johannes Cuspinian und seine Familie“ mäßig attraktiv. Doch für das Memminger Strigel-Museum ist es nichts weniger als ein Coup, dass es nun gelungen ist, das Porträt aus dem Jahr 1520 zu erwerben. Nicht zuletzt liegt das an der Rückseite, bei der sich im Jahr 1880 bereits der renommierte Kunsthistoriker Wilhelm von Bode die Augen rieb: Benennt doch eine Inschrift Bernhard Strigel nicht nur als Künstler dieses Werkes, sondern auch als Hofmaler des Kaisers Maximilian I.
Mit dieser Entdeckung entpuppte sich der bis dahin weitgehend unbekannte Memminger Maler als Schöpfer einer ganzen Reihe von Werken. Namentlich verweist die Inschrift auf das bekannte Gemälde der „Familie des Kaisers Maximilian I.“ von 1515, das seinerseits heute im Kunsthistorischen Museum in Wien zu finden ist. Dorthin war damals auch Strigel gereist, um die Habsburger zu porträtieren.
Eine sechsstellige Summe war nötig
Grund war die sogenannte Wiener Doppelhochzeit im selben Jahr – die wurde freilich nicht aus romantischen, sondern aus dynastischen Interessen und Machtkalkül geschlossen. Mit eingefädelt hatte sie Cuspinian, der sich zu seiner Zeit als Gelehrter, aber auch als Diplomat in kaiserlichem Dienst hervortat. Das sollte sich auf der Leinwand widerspiegeln – dass sich die Porträts von Kaiser- und Diplomatenfamilie ähneln, sei also durchaus beabsichtigt, sagt Axel Lapp, Leiter des Strigel-Museums, das sich der Memminger Künstlerfamilie widmet.
Für eine sechsstellige Summe ging das Cuspinian-Gemälde in dessen Obhut über. Möglich wurde dies dank der Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Sparkassenstiftung Memmingen-Mindelheim – und durch Glück: Eigentlich sollte das Werk im vergangenen Sommer bei einer Auktion von „Sotheby’s“ den Besitzer wechseln, doch niemand gab in London ein Gebot ab, danach schlug die Stunde des Strigel-Museums.
Ehe es nun seinen Platz in der Heimatstadt des Künstlers fand, brachte das Bild auf der Reise durch die Jahrhunderte einige Stationen hinter sich. Im 17.Jahrhundert gehörte es etwa zur Sammlung des britischen Königs Charles I. Weil man bei der Kennzeichnung damals nicht zimperlich war, zeugt davon heute ein Brandzeichen. Im 19.Jahrhundert wurde es für die von Kaiser Friedrich Wilhelm III. geplante Nationalgalerie in Berlin erworben und auch nach Österreich gelangte das Porträt noch einmal – in die Sammlung von Graf Johann Nepomuk Wilczek.
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