Kunst und Solarphysik
Ein Buch wie ein Universum
Wenige deutsche Schriftsteller sind sprachlich so ambitioniert, intellektuell so überbordend und herausfordernd wie Thomas Lehr, 59. Mit „Schlafende Sonne“ hat er jetzt den ganz großen Wurf gewagt. Lehrs neues Buch versteht sich als eine Art Universalroman und reiht sich ein in die Literatur der Moderne, etwa eines James Joyce, die nach neuen, experimentellen Ausdrucksformen sucht. Man kann „Schlafende Sonne“ als Röntgenbild des 20. Jahrhunderts lesen. Das Buch, ein Künstlerroman mit der Malerin Milena Sonntag als Hauptfigur, streift die unterschiedlichsten Wissensgebiete: Politik, Kunst, Physik, Astronomie und vieles andere mehr. Dabei verzichtet der Autor auf jegliche Chronologie oder stringente Erzählweise. Stattdessen eine lockere Abfolge von aufpoppenden Erinnerungssequenzen, Assoziationsschüben und Perspektivwechseln. Lehr hat seine Grundidee, Zeit zu zertrümmern und aufzulösen, wirklich konsequent umgesetzt. Ein Buch wie ein Universum, auf das man sich einlassen muss – an ein Massenpublikum richtet sich es definitiv nicht. (dpa)
Thomas Lehr: Schlafende Sonne Hanser, 640 S., 28 ¤
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