Oscar-Gewinner Bong Joon-ho ist ein Handwerker mit Humor
Bong Joon-ho ist ein Regisseur ohne Allüren: Uneitel, bescheiden – und stets für eine pfiffige Pointe gut. Jetzt hat er mit "Parasite" Filmgeschichte geschrieben.
In seiner leicht unbeholfenen Art bedankt sich der ganz in schwarz gekleidete Mann mit der Wuschelfrisur nach der Preisübergabe beim Publikum. „Jetzt werde ich bis in die Morgenstunden trinken“, sagt Bong Joon-ho mit einem verschmitzten Lächeln, bevor er die Bühne verlässt. Ein typisches Understatement: Der 50-jährige Regisseur aus Südkorea hat mit seinem Film „Parasite“ Filmgeschichte geschrieben. Zum ersten Mal erhält ein nicht englischsprachiger Film den Oscar für den besten Film.
In den sozialen Medien ist Bong seit Monaten ein Liebling
Die jubelnde Internet-Gemeinde hat Bong schon seit Monaten auf den sozialen Medien zum neuen Liebling auserkoren. Weil er ihr so erfrischend uneitle Momente liefert wie während der Preisverleihung in Cannes, als er die achtminütigen Ovationen mit den Worten beendet, er sei hungrig und wolle schnell zum Abendessen. Oder als er einem amerikanischen Reporter auf die Frage nach der weltweiten Relevanz der Oscar-Verleihung nur schulterzuckend entgegnete: „Das ist kein internationales Filmfestival, sondern eine sehr lokale Angelegenheit“.
Mit seinen Filmen wolle er den Zuschauer „beim Kragen packen und durchschütteln“, gestand Bong vor kurzem dem britischen Guardian. Stunden später jedoch solle die intellektuelle Botschaft einsetzen. In seinem Metier gilt Bong zuallererst als Genre-Handwerker, der laut eigenem Bekunden Hitchcocks „Psycho“ mehr als 50 mal gesehen hat. Vielleicht rührt daher auch die rar gesäte Fähigkeit des Regisseurs Bong, die Filmjuroren auf den internationalen Festivals ebenso zu überzeugen wie das breite Publikum im Kino.
Oscar-Gewinner Bong ist bei Kollegen beliebt
Es gibt praktisch niemanden in der koreanischen Filmbranche, der ein schlechtes Wort über Bong Joon-ho verlieren würde – auch hinter vorgehaltener Hand nicht. Ein herzlicher Typ sei er, bescheiden geblieben und stets freundlich. Zweifelsohne zählt er nicht zum Typus chauvinistischer Choleriker, der auch in der koreanischen Filmindustrie auf den Regiesesseln überproportional vertreten ist.
Die Auszeichnung für „Parasite“ kommt dabei nicht nur reichlich spät, sondern lässt sich auch retrospektiv für die „erste Welle“ der koreanischen Kinokunst der 2000er interpretieren. Schon damals, übrigens mit kräftiger Unterstützung durch die Filmkuratoren der Berlinale, wurden die Regisseure Park Chan-wook, Kim Ki-duk und Bong Joon-ho für ihre drastische Bildsprache international gefeiert.
Bong lebt in Seoul nach eigener Aussage "bescheiden"
Bong, der zeitweise auch Mitglied der sozialistischen Minju-nodong-Partei war, stammt selbst aus der oberen Mittelschicht, sein Vater lehrte Kunst an einer Universität. Auch heute, nach einer beachtlichen Karriere mit neun Spielfilmen, lebt der Südkoreaner keinesfalls in einer noblen Villa wie die Familie Park in „Parasite“, sondern nach eigener Aussage vergleichsweise bescheiden: in einem Seouler Apartment im 9. Stock.
Lesen Sie hierzu auch:
- Der Oscar für "Parasite" als bester Film ist der letzte Weckruf für Hollywood
- Südkoreanische Satire "Parasite" holt vier Oscars und ist bester Film
Wir möchten wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.
Die Diskussion ist geschlossen.