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Interview
19.08.2023

US-Autor Richard Ford: „Ich habe meinen Pakt mit dem Teufel gemacht“

Mit „Valentinstag“ vollendet der US-amerikansiche Autor Richard Ford seine gefeierte Frank Bascombe-Reihe.
Foto: Peter-Andreas Hassiepen

Mit „Valentinstag“ legt Pulitzerpreisträger Richard Ford den letzten Roman der gefeierten Frank Bascombe-Reihe vor. Ein Gespräch über apokalyptische Vorstellungen, das Streben nach Glück und politische Korrektheit.

Ihre Texte zeichnen sich durch minuziöse Detailschilderungen und eine elaborierte Wortwahl aus. Wie mühselig ist es, einen Roman wie „Valentinstag“ zu schreiben?

Richard Ford: Es ist nicht beschwerlich, da ich es liebe, mich in Sprache zu vertiefen. Ich bin Legastheniker, deshalb musste ich mich immer sehr stark auf Worte und ihre Bedeutung konzentrieren. Ich notiere mir oft Wörter und überlege mir danach, in welchem Satz ich sie am besten verwenden kann. Manchmal habe ich in einem Satz eine Lücke und dann begebe ich mich auf die Suche nach dem passenden Ausdruck, die mich dann oft in eine ganz unterwartete Richtung führt. Das alles ist eine Freude. 

Nun leben wir in einer von Bildern und Abkürzungen bestimmten Multimediawelt, in der das Bewusstsein für Sprache zu verloren gehen scheint. Wie sehen Sie das?

Richard Ford: Mit anderen Worten: Arbeite ich in einer aussterbenden Branche? Vielleicht. Für jeden Satz, den ich schreibe, gibt es acht Millionen Twitternachrichten, die aus einer begrenzten Zeichenzahl bestehen. Aber vielleicht bin ich zu alt, um mich einen Dreck darum zu scheren – so sehr ich es hasse, das zu sagen.

Halten Sie sich für alt?

Richard Ford: Ich bin beinah 80, also bin ich das. Aber wenn sich das Alter so anfühlt, dann ist es großartig. Ich gehe die ganze Zeit ins Fitnessstudio, ich laufe ständig und versuche, so kregel wie möglich zu sein. Das ist nicht weiter schwer. 

Doch die Figuren in „Valentinstag“ schauen dem Tod bzw. der „Endlichkeit der Existenz“, mit der Sie Heidegger zitieren, ins Auge. Tun Sie das auch?

Richard Ford: Wenn ich dieser Endlichkeit begegne und an der Schwelle stehe, wird sich das wahrscheinlich komplett anders anfühlen, als ich es mir ausmale. Wenn ich überhaupt die Chance bekomme, diesen Moment bewusst zu erleben. Aber ich zerbreche mir deshalb nicht den Kopf.

Das Ziel der Protagonisten ist das Monument von Mount Rushmore, das folgendermaßen beschrieben wird: „Es ist komplett sinnlos und lächerlich, und es ist super.“ Könnte man diese Beschreibung auch auf unser Leben anwenden?

Richard Ford: Nein. Ich halte unser Leben weder für sinnlos noch lächerlich, und oft ist es auch nicht super. Diese Formulierung erklärt sich folgendermaßen: Wenn ich eine Passage schreibe, dann versuche ich immer etwas hinzufügen, das einen positiven Ausgleich schafft. Ich könnte natürlich schreiben „Es ist sinnlos, lächerlich und ein Haufen Müll.“ Aber ich möchte kein Autor sein, der so einen Satz verfasst. Wenn ich dagegen Gegensätze verbinde, dann erhalte ich in einem Satz ein Drehmoment.

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Reflektieren Sie Ihren Alltag mit der literarischen Sprache, die Sie als Autor einsetzen?

Richard Ford: Nein, ich gehe gewissermaßen wie ein Tourist durch mein Leben. Die meiste Zeit denke ich überhaupt nicht ans Schreiben. Aber ich habe eine spezifische Sichtweise auf das Leben. Ich habe die Angewohnheit, immer konträr zur herkömmlichen Meinung zu gehen. Ich stelle die Dinge auf den Kopf. 

Müssen Sie nicht an bestimmte Wahrheiten glauben, wenn Sie in Ihren Romanen die Realität einzufangen versuchen?

Richard Ford: Nein. Denn wenn ich bestimmte Wahrheiten vermittle, dann bin ich mir im Klaren, dass sie durch bessere und klügere Erkenntnisse ersetzt werden können. Meine Haltung ist im Übrigen nicht zynisch, sondern nur skeptisch. Wenn ich einen Satz schreibe, dann denke ich an alle möglichen gegensätzlichen Varianten, und wenn ich alle ausprobiert habe, dann finde ich eine Version, die für mich in diesem Moment stimmig ist. Aber auch nur in diesem Moment. 

Kann also alles infrage gestellt werden?

Richard Ford: Exakt. Ich kann aber akzeptieren, dass jemand eine andere Meinung als ich vertritt. Letztlich versuche ich mit meinen Büchern eine Konversation mit dem Leser anzustoßen. 

Allerdings leben wir in einer Zeit, wo sich die Menschen sich in ihren individuellen Wahrheiten und Echoblasen verlieren.

Richard Ford: Ich habe nur ein Problem damit, wenn die Leute aus ihren Überzeugungen eine Religion machen. Theorien und Postulate können aber durchaus nützlich sein, und zwar, indem sie einen Austausch mit dem Leben ermöglichen, sie verkörpern einfach keine ultimativen Wahrheiten. Und eine Form dieses Austauschs ist eben die Konversation. Deshalb ist sie für mich der wichtigste Aspekt bei einem Buch. 

Verfolgen Sie mit Ihrem absoluten Realismus nicht noch weitergehende Absichten?

Richard Ford: Ich habe vor einiger Zeit einen Essay von Joyce Carol Oates in der New York Times gelesen, wo sie schreibt, dass für sie die Realität von Romanen viel überzeugender und realer ist als die Wirklichkeit selbst. Das kann ich für mich nicht unterschreiben. Ich gehe hier konform mit Robert Frost, wenn er schreibt „Poesie ist ein vorübergehender Halt gegen die Verwirrung.“ Wir stoppen die Zeit und versenken uns in eine andere Sphäre, aber sie ist nicht realer als unser Alltag. Sie ist nur eine Alternative.

Würden Sie gerne die Zeit anhalten und zum Augenblicke sagen „Verweile doch, du bist so schön“?

Richard Ford: Ich bin niemand, der Wünsche oder Hoffnungen hegt. Die Kunst ist die Tochter der Zeit, sie spielt sich innerhalb der Zeit ab, dann ist diese Zeit vorüber, und das Leben geht weiter. Ich würde es nie und nimmer anhalten wollen. Ich bin viel zu neugierig, was als Nächstes kommt. Vielleicht macht mich diese Haltung innerlich jung.

Nun leben wir in Zeiten, wo viele apokalyptische Vorstellungen zirkulieren. Sehen Sie der Zukunft mit Skepsis entgegen?

Richard Ford: Ich hege keine apokalyptischen Gefühle, was aber auch damit zu tun haben kann, dass ich das Gros dieser Szenarien nicht mehr erleben werde. Und weil ich keine Kinder habe, muss ich mir deshalb auch keine Sorgen machen. Natürlich wäre es verrückt, zu leugnen, dass der Klimawandel unsere Existenz auf diesen Planeten komplett verändern wird. Wahrscheinlich werden wir erst etwas dagegen tun, wenn es zu spät ist. Aber weil ich an mein Alter denke, zerbreche ich mir deshalb nicht den Kopf. Das ist nicht besonders menschenfreundlich, aber es ist die Wahrheit.

Ihr Protagonist Frank Bascombe bietet eine Definition für Sinngebung. Demnach besteht sie darin, „lose Enden des Lebens zusammenzufügen, die eigentlich nicht zusammenpassten und aus den neu gefügten Splittern ein neues Ganzes zu machen“. Wäre das auch Ihre persönliche Erklärung?

Richard Ford: Das würde ich so sagen. Dir bleibt nichts anderes übrig, als deine Erfahrungen in die Matrix deines Lebens einzufügen. Es gibt kein höheres Verständnis, es sei denn Sie wählen Plan B – und der heißt: Jesus Christus, unser Erlöser.

An den Sie nicht glauben. 

Richard Ford: Nein, aber ich finde es höchst faszinierend, wenn ich beispielsweise diese messianischen Evangelikalen bei ihren Heilungen und Auftritten erlebe. Meiner Frau ist es peinlich, wenn ich das eingestehe, aber es ist nun mal so. Aber am Schluss denke ich mir: Zum Glück gehöre ich nicht zu diesen Leuten. 

Diese Evangelikalen erfreuen sich ja in den USA besonderer Beliebtheit. Wäre es für Sie als genauer Beobachter des amerikanischen Alltags vorstellbar, Ihrem Land längere Zeit den Rücken zuzukehren?

Richard Ford: Ich würde das sofort machen. In den 90ern war ich mit einem DAAD-Stipendium längere Zeit in Berlin, ich habe lange versucht, ein Haus in Frankreich zu kaufen, jetzt reise ich mit meiner Frau ständig nach Irland und ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich dortbleiben könnte. Meine Frau hat volles Verständnis dafür, aber es ist einfach nicht Teil ihrer DNA, die USA zu verlassen. Und nachdem ich sie liebe und mit ihr zusammen sein will, füge ich mich. 

Ein Teil des sogenannten amerikanischen Traums besteht im Streben nach Glück. Teilen Sie das?

Richard Ford: In der Tat. Und zwar indem ich versuche, das Unglücklichsein zu verringern. Als ich 1982 mit „Der Sportreporter“ anfing, meinte meine Frau: „Warum schreibst du ausnahmsweise nicht mal über jemand, der glücklich ist? Vielleicht kannst du das noch besser.“ Die Frage war nun: Wie schreibe ich über so jemand, ohne langweilig zu werden? Die Lösung war ein Protagonist, der sehr viel Unglück erlebt hat und nun versucht, sein Leben zu erneuern, dass es besser als vorher ist. Und das ist auch mein Ziel als Autor und als Mensch. Ich versuche immer etwas zu schreiben, durch das ich selbst besser werde.

Inwieweit sind Sie durch „Valentinstag“ besser geworden?

Richard Ford: Ich bin beharrlicher geworden. Dadurch, dass ich dieses Buch zu Ende geführt habe, habe ich eine gewisse Art von Zähigkeit bewiesen, über die ich sehr glücklich bin. Ich dachte, ich hatte sie vorher schon, aber sie ist jetzt noch ausgeprägter. Und ich denke, dass das Ende das beste Ende ist, das ich jemals geschrieben habe. 

„Valentinstag” soll das Ende der gesamten Frank Bascombe-Geschichten markieren. Warum?

Richard Ford: So sehr ich es genossen habe, das Buch zu schreiben, so sehr habe ich die Überarbeitungs- und Lektoratsphase gehasst. Ich würde zum Beispiel nie wieder ein ‚Sensibilitätslektorat‘ über mich ergehen lassen wollen. 

Das heißt, Ihr Verlag hat Ausdrucksweisen moniert, weil sie nicht politisch korrekt genug waren?

Richard Ford: Sie sagen es.

Wie besorgniserregend ist diese Tendenz für Sie als Autor?

Richard Ford: Es ist einfach ermüdend. Wobei ich jetzt keine ernsthaften Probleme hatte. Man wollte mich zwingen, bestimmte Ausdrücke zu entfernen, aber ich meinte, man sollte mich einfach in Ruhe lassen. Vorsorglich hatte ich schon einige prekäre Sachen eingebaut, weil ich wusste, dass man daran Anstoß nehmen würde. Aber die waren mir völlig egal, also konnte ich sie einfach entfernen und dem Verlag den Eindruck geben, ich würde mich fügen.

Wird sich das alles wieder ändern?

Richard Ford: Die Gegenbewegung hat schon eingesetzt. Letztlich kommt das nur aus der Angst der Verlagsindustrie, die befürchtet, Millionen von Dollar zu verlieren. Dabei hat das nichts mit kulturellen Sensibilitäten zu tun. Die einzige Sensibilität, um die es hier geht, ist die der Verlagsinhaber, die empfindlich auf ihr Portemonnaie schauen.

Sie sind mit Bruce Springsteen befreundet, dessen Autobiografie „Born to Run“ Sie rezensierten. Der dazu gehörige Song endet mit der Hoffnung, eines Tages in der Sonne zu gehen. Tun Sie das im übertragenen Sinne?

Richard Ford: Vielleicht, aber vielleicht weiß ich es nicht. Aber ich versuche das angestrengt herauszufinden. Denn eines Tages wird sich der Vorhang schließen, und danach weiß ich nichts mehr. Es wäre schön, wenn mein letzter Gedanke wäre „Meine Güte, das ist doch toll“. Aber die Amerikaner wünschen dir gerne einen „gesegneten Tag”. Ich sage dann immer „Verschwendet euren Wunsch nicht auf mich. Ich habe schon meinen Pakt mit dem Teufel gemacht.“

Zur Person: Seine Romanreihe über den mürrischen Sportreporter und späteren Immobilienmakler Frank Bascombe haben Richard Ford bekannt gemacht. Für den zweiten Teil „Unabhängigkeitstag“ erhielt der Schrifsteller 1996 den Pulitzer Prize und den PEN/Faulkner Award. Ford ist in Jackson, Mississippi, aufgewachsen. Trotz einer leichten Leseschwäche interessierte er sich schon als Jugendlicher für Literatur. Mit 32 Jahren veröffentlichte er seinen ersten Roman „A Piece of My Heart“, während er sich als Sportreporter über Wasser hielt. Der Job inspirierte ihn auch schriftstellerisch: Mit seinem Roman „Der Sportreporter“ gelang ihm 1986 der Durchbruch. Ford ist seit 1968 mit Kristina Hensley verheiratet, die beiden leben in Maine. Am 21. August erscheint Fords neuer Roman „Valentinstag“, der fünfte und letzte Teil der gefeierten Frank Bascombe-Reihe. 

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