Kritik zu "Bad Director": Oskar Roehlers gallige Branchenkritik
Ein Selbstporträt wie im Zerrspiegel: Der Filmemacher nimmt das eigene Schaffen aufs Korn. Der offene Selbsthass erscheint aber nur als Variante des Selbstmitleids.
Als Oskar Roehler Ende der 1990er-Jahre anfing, Filme zu drehen, bekam er bald das Etikett "Enfant terrible" des deutschen Kinos verliehen. Seine Werke provozierten oft zwanghaft. In "Bad Director" stellt er nun gnadenlos das eigene Selbst ins Zentrum der sarkastischen Betrachtung. Als Vorlage diente Roehlers autobiografisch inspirierter Roman mit dem verheißungsvollen Titel "Selbstverfickung". Oliver Masucci spielt den Filmregisseur Gregor Samsa, der von Kafka seinen Namen geliehen hat und mit Ende 50 auf eine ausgewachsene Schaffens- und Seelenkrise blickt.
Überbiss-Zahnprothese, aus der Mode gekommene Designer-Hornbrille und ein Sprachduktus, der Roehlers eigene Sprechweise imitierend verformt – der Regisseur inszeniert den Hauptdarsteller als Persiflage seiner selbst. In den ersten Szenen wird der Erlebnisspielraum der Figur abgesteckt, der vom Bordellbesuch bis zur Verleihung des deutschen Filmpreises reicht. Vor vielen Jahren stand Samsa noch selbstbewusst im Rampenlicht, jetzt blickt er voller Panik auf die anstehende Produktion. All die banalen Entscheidungen wie die Auswahl der Sockenfarbe des Protagonisten langweilen und überfordern ihn gleichermaßen.
Oskar Roehler nimmt das eigene künstlerische Sein aufs Korn
Dann ist da noch die exaltierte Diva Konstanze (voll in ihrem Element: Anne Ratte-Polle), mit der er sich bei einem früheren Projekt heillos zerstritten hat. Die eigenen Versagensängste werden in Form von Wutausbrüchen an wehrlosen Assistentinnen ausgelassen. Einziger Lichtblick für den kriselnden Regisseur ist die osteuropäische Prostituierte Grete (Bella Dayne), die beim Sex Gedichte rezitiert und den Kunden um seinen spärlichen Restverstand bringt. Ein Selbstporträt wie aus dem Zerrspiegelkabinett zeichnet Roehler in "Bad Director".
Dieser Gregor Samsa ist ein hohl drehender, alter weißer Mann, der nicht mit sexistischen und rassistischen Auslassungen spart, ein kompromissloser Unsympath, der als Anti-Identifikationsfigur angelegt ist. So radikal wie Roehler früher andere angegangen ist, nimmt er nun das eigene künstlerische Sein aufs Korn. Aber der zur Schau gestellte Selbsthass erscheint nur als wütende, nihilistische Variante männlichen Selbstmitleids. Auf durchaus langatmige Weise schütteln sich Radikalität und Redundanz dabei die Hand. Selbst Oliver Masuccis furchtlose Tour de Force nutzt sich zügig ab. Nach zwei Stunden negativer Selbstbespiegelung, in die ein wenig gallige Branchenkritik einfließt, fragt man sich: Muss man einen Film mögen, nur weil er nicht gemocht werden will? Muss man nicht.
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