Ein Visionär in Lauerstellung
In seiner Malerei mit Licht erschafft der Fotograf Wolfgang Bauer stimmungsvolle Porträts des „idealen Augen-Blicks“
Fotos werden gemacht. Sie sind deshalb nie nur Abbild der Welt, sondern immer auch „Visiogramm“ des Fotografen. Indem er sie, auf eine ganz bestimmte Weise, ins Bild setzt, dokumentiert er die Wirklichkeit, wie er sie gleichzeitig auch erschafft - je nach Genre mehr oder weniger.
Ausdrücklich als Bild-Gestalter versteht sich der Fotograf Wolfgang Bauer. Der Titel seiner im Altstadtsaal der VR-Bank Landsberg-Ammersee gezeigten Ausstellung „Malen ohne Pinsel“ gibt einen Hinweis, worauf seine Einflussnahme zielt. Und die ist, betrachtet man die Ergebnisse, erstaunlich gering. So verzichtet er beispielsweise auf jede Form der Nachbearbeitung und greift auch nie aktiv ins Geschehen ein, um einen bestimmten fotografischen Moment herbeizuführen. Vielmehr erspürt er das Bild-Potenzial einer Szenerie oder eines Ortes und versucht zur Stelle zu sein, wenn sich dieses entfaltet. Ein Visionär in Lauerstellung, wenn man so will, der nur noch einfangen muss, was er längst schon vorhergesehen hat. Dabei sind seine Motive eher unspektakulär, bekunden weniger die Dramatik als mehr die Poesie eines Augenblicks. „Lesend“, „Ausharrend“ oder „Schreitend“ umreißt Wolfgang Bauer in den Titeln seiner Porträts, was der Betrachter zunächst nur schemenhaft wahrnimmt und erst bei genauerem Hinsehen, beispielsweise als Frau, erkennt: Mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einem Stuhl sitzend, den Kopf über ein Buch geneigt, ist sie präsent und abwesend zugleich. Ein kleiner Bistrotisch ihr zur Seite „schafft Öffentlichkeit“. Lange Belichtungszeiten und eine während der Aufnahme manchmal leicht bewegte Kamera erzeugen die für Wolfgang Bauers Fotografie typische Unschärfe, verschleiern Motive eher als sie zu enthüllen und belassen die Szenen bewusst im Vagen. Personen wie auch Landschaften werden nie um ihrer selbst Willen zum Gegenstand seines Interesses. Bauer geht es weder um Physiognomie noch um Psychologie. Nicht wer etwas tut ist von Bedeutung, ihn fesselt der visuelle Kontext des Geschehens. Wie ihre Titel, so geben auch die Fotografien selbst keine Hinweise auf konkrete Personen oder näher bezeichnete Orte. Porträtiert werden Farbklänge und Stimmungen und - in fein komponierten Bildmomenten - vielleicht der „ideale Augen-Blick“. Was entsteht bei dieser „Malerei mit Licht“, ist trotzdem nicht Malerei, sondern, und so nennt Wolfgang Bauer selbst seine Arbeit: „Malerische Fotografie“. Auch bei strenger Limitierung der Auflagenhöhe bleiben die Aufnahmen zumindest im Prinzip beliebig oft reproduzierbar, sind also keine Unikate. Ein Hauptunterschied zur Malerei besteht aber im „Umgang“ mit der Farbe, sowohl was ihren Auftrag als auch ihre Wirkung auf dem Bildträger anbelangt. Was im Falle der Fotografie intuitiv und in sehr schnellen Entscheidungen mit der Kamera eingefangen wird, entsteht in der Malerei in mehr oder weniger bewusst gesteuerten und initiierten Arbeitsprozessen. Besonders in der Ölmalerei spielt zudem die Materialität der Farbe eine wichtige Rolle. Die Spur des Pinselstrichs legt eine Spur zur Arbeitsweise des Malers und damit zu diesem selbst. Den Fotografen aber zeichnet sein Gespür für den richtigen Moment aus. „Das A und O meiner Art zu fotografieren“, sagt Wolfgang Bauer, „ist das Sehen. Man braucht das Auge nicht nur im Moment der Aufnahme, sondern auch, wenn es später darum geht, die für das Faszinosum des Augenblicks stehenden Aufnahmen zu identifizieren.“
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